Zu arm für Urlaub

31,1 Prozent der Alleinerziehenden können sich keine Ferienreise leisten

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Berlin. Sommer, Sonne, Ferienzeit - doch lange nicht für alle: Millionen Bundesbürger sind so arm, dass sie sich keine Urlaubsreise leisten können. Etwa jeder Siebte konnte im vergangenen Jahr nicht einmal eine Woche weg von zuhause bezahlen, wie aus Daten des Europäischen Statistikamts Eurostat hervorgeht. Allerdings ist der Anteil in den vergangenen Jahren kontinuierlich gesunken. In vielen Ländern Europas sieht es zudem noch schlechter aus.

In Deutschland sind besonders Alleinerziehende betroffen. Für 31,1 Prozent von ihnen war im vergangenen Jahr keine Reise drin. »Man muss sich das vor Augen führen: Ein Drittel aller alleinerziehenden Eltern ist nicht in der Lage, seinen Kindern einen Urlaub zu ermöglichen«, sagte LINKEN-Chef Bernd Riexinger. Auch bei Alleinstehenden ist es oft knapp: Fast jeder Vierte musste seine Urlaubstage zuhause verbringen.

»Eine Urlaubsreise ist für viele Menschen ein unerfüllbarer Luxus«, sagte die Sozialpolitikerin der LINKEN, Sabine Zimmermann. »Nicht verreisen zu können, ist auch Ausdruck von Armut, die endlich wirksam bekämpft werden muss.«

Die Zahlen werden bei einer jährlichen Befragung zu materieller Entbehrung erhoben. In Deutschland hat sich die Lage demnach in den vergangenen Jahren verbessert. 2014 waren noch 21 Prozent der Bundesbürger zu arm für eine Urlaubsreise, zuletzt noch 14,5 Prozent.

In der gesamten Europäischen Union konnten sich laut Eurostat im vergangenen Jahr 27,6 Prozent der Menschen keine einwöchige Urlaubsreise leisten. Höher als in Deutschland war die Quote etwa in Frankreich mit 22,6 Prozent, in Großbritannien mit 22,5 Prozent und in Italien mit sogar 43,7 Prozent. Am größten ist der Anteil in Rumänien, Kroatien und Zypern, wo nicht einmal jeder zweite in den Urlaub fahren kann.

Prozentual weniger Betroffene als in Deutschland gibt es in Dänemark (12,2 Prozent), Österreich (12,4 Prozent), Finnland (13,3 Prozent) und den Niederlanden (14,3 Prozent). Für Schweden und Luxemburg, wo sich traditionell auch mehr Menschen eine Urlaubsreise leisten können, liegen noch keine Zahlen vor.

Ausgerechnet in einem reichen Land wie Deutschland fehle vielen das Geld, beklagte Riexinger. Das liegt aus Sicht der LINKEN an mangelnder Tarifbindung sowie niedrigen Löhnen und Renten. Außerdem bekämen viele Arbeitnehmer kein Urlaubsgeld oder 13. Monatsgehalt. »Hinzu kommt ein Hartz-IV-System, das gesellschaftliche Teilhabe einschränkt und sanktioniert«, sagte der Parteivorsitzende.

Hartz-IV-Bezieher müssen viel beachten, wenn sie in den Urlaub fahren wollen. Denn eigentlich sollen sie für die Jobcenter immer erreichbar sein. Allerdings regelt eine Erreichbarkeits-Anordnung, dass Betroffene bis zu drei Wochen im Jahr abwesend sein können, ohne dass die Bezüge gekürzt werden - wenn sie dies zuvor beantragen. Extra Urlaubsgeld gibt es nicht. dpa/nd

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