Zu früh gefreut

Uwe Kalbe zur Scheinlösung von Malta

  • Uwe Kalbe
  • Lesedauer: 2 Min.

Wenn sich Horst Seehofer »hoch zufrieden« mit einer Vereinbarung über Flüchtlinge zeigt, war das bisher ein sicheres Indiz: Das geht für diese nicht gut aus. Einen kurzen Moment schien es, als habe Seehofer sich eines Humaneren besonnen - als er vor dem Treffen von Malta die Bereitschaft Deutschlands erklärte, ein Viertel der im Mittelmeer geretteten Schiffbrüchigen aufzunehmen. Nachdem die Details der Vereinbarung zwischen Deutschland, Frankreich, Italien und Malta ans Licht kommen, zeigt sich: Er hat nur Kreide gefressen. Das Papier, das den Innenministern der EU beim nächsten Treffen vorgelegt werden soll, ändert nichts am Problem, weil es nichts am Herangehen an das Problem ändert.

Zwar sollen gerettete Flüchtlinge nicht länger wochenlang vor den Küsten der EU treiben, sondern anlanden dürfen. Doch erstens sind jene Länder für die Unterbringung zuständig, die sie gerettet haben; der Großmut Frankreichs und Deutschlands, die Hälfte der Menschen aufzunehmen, löst sich so in Wohlgefallen auf, bleibt dem Zufall überlassen. Und zweitens gibt es keine Seenotrettung der EU. Die Mission »Sophia« beschränkt sich auf Überwachung aus der Luft, so wie bisher. Als Retter bleiben - ebenso wie bisher - die Schiffe der Nichtregierungsorganisationen, die auch noch mit zusätzlichen Auflagen belegt werden. Ihnen wird - über Verhaltensregeln zur ständigen Überprüfbarkeit - erneut unterstellt, mit Schleusern zu kollaborieren. Als letzte Rettungsinstanz auf See werden die zivilen Seenotretter misstrauisch beäugt und eingeschränkt; der kriminell agierenden libyschen Küstenwache sollen sie nicht in die Quere kommen. Gut: Gerettete Flüchtlinge an Bord dürfen sie künftig an Land bringen. Dass man sich über eine derartige Selbstverständlichkeit inzwischen freut, zeigt den üblen Zustand der EU-Flüchtlingspolitik.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal