Soll der 8. Mai dauerhaft Feiertag sein?

Politik unterstützt Forderung der Shoah-Überlebenden Esther Bejarano zum »Tag der Befreiung«

  • Lotte Laloire
  • Lesedauer: 3 Min.

Im Land Berlin ist der 8. Mai dieses Jahr einmalig gesetzlicher Feiertag. Es ist der 75. Jahrestag der Kapitulation der Wehrmacht, des Endes des Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkrieges. Dieses Datum sollte jedes Jahr bundesweit ein Feiertag sein, findet die Shoah-Überlebende und Vorsitzende des Auschwitz-Komitees in Deutschland, Esther Bejarano. In einem offenen Brief an Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD), Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bundestagsabgeordnete fordert sie: »Der 8. Mai muss ein Feiertag werden.« Das würde helfen zu begreifen, dass es der Tag der Befreiung war, der Niederschlagung des NS-Regimes. Bejarano war selbst auf einen Todesmarsch getrieben worden. »Erst Anfang Mai wurden wir von amerikanischen und russischen Soldaten befreit«, schreibt sie weiter.

Ihr Vorschlag stößt auf Zuspruch, wie das Redaktionsnetzwerk Deutschland berichtet. Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt sagte: »Der 8. Mai war ein Tag der Befreiung, der das demokratische Deutschland erst möglich machte.« Er würde mahnen, die deutschen Verbrechen nicht zu relativieren, und sei »ein bleibender ›Pflock‹ in der deutschen Erinnerungskultur«.

Ähnlich sieht das Linksfraktionschef Dietmar Bartsch: »Die Befreiung vom Hitler-Faschismus und das Ende des Zweiten Weltkrieges - die bedingungslose Kapitulation - bilden die Grundlage des demokratischen Deutschlands.« Das »Nie wieder« sei eine Mahnung, die allen gelte »und der wir einen gemeinsamen Tag einräumen sollten«, findet er. Auch die LINKE-Vorsitzende Katja Kipping plädiert für einen dauerhaften Feiertag. Aus der SPD macht sich die Berliner Bundestagsabgeordnete Cansel Kızıltepe für die Idee stark. FDP-Fraktionsvize Michael Theurer fordert, der Feiertag solle »europaweit« gelten.

Gemeinsam die Befreiung feiern. Sebastian Bähr über den Vorschlag, den 8. Mai zum Feiertag zu erklären.

Die jüdische Autorin Mirna Funk sagte dem »nd«: »Selbstverständlich eignet sich der 8. Mai als Feiertag.« Und schiebt ein »Aber« hinterher: »Nun bleibt aber die Frage: Helfen uns mehr Feiertage, uns besser zu erinnern, oder braucht es neue, andere Strategien, die das Jetzt, also lebende Juden, einbeziehen?« Solange Juden als Kollektivobjekt »benutzt« würden und man an die Toten zwar »gerne« denke, sich über die Lebenden aber keine Gedanken mache, sieht die Ostberlinerin eine Schieflage. Das zeige auch der immer offener auftretende Antisemitismus, so Funk.

Dass das Erinnern vor allem der deutschen Mehrheitsgesellschaft guttue, bemerkte der jüdische Autor Max Czollek bereits 2018 in seiner Polemik »Desintegriert Euch«. Für die Jüdinnen und Juden ist die NS-Vergangenheit in der Regel ohnehin omnipräsent. Weder zur Befreiung von Auschwitz noch zum Sieg über Nazi-Deutschland brauche sie deshalb »einen offiziellen Tag«, sagte Funk dem »nd«. Mit Agenturen

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