Am falschen Tag

Oliver Kern findet Italiens Polizei ziemlich unfair

Sie kamen am Samstagmorgen um 5.50 Uhr. Eine Sondereinheit der Polizei durchsuchte auf Veranlassung der Bozener Staatsanwaltschaft die Hotelzimmer von Biathlonweltmeister Alexander Loginow, seinem Teamkollegen Jewgeni Garanitschew und Loginows Privattrainer. Neun Stunden später wollten die beiden Russen ihre Staffel zu einer WM-Medaille laufen. Eine ordentliche Rennvorbereitung war so unmöglich. Am Ende landeten sie auf Rang vier.

Die Skilanglauf-WM vor einem Jahr in Seefeld hatte leider gezeigt, dass Betrüger auch am Renntag noch dopen. Doch wenn weder Dopingmittel noch Spritzen oder Blutbeutel gefunden und beschlagnahmt werden, sondern nur Handys und Rechner, ist der Zeitpunkt solch einer Razzia ein sehr fragwürdiger Eingriff in den Wettbewerb. Ja, Loginow hat mal gedopt. Und ja, dass er wieder Weltmeister wurde, lässt Böses erahnen. Doch für eine Durchsuchung sollten stärkere Indizien vorliegen. Noch hat sie die Staatsanwaltschaft nicht geliefert.

Sollte das so bleiben, haben Loginow, der am Sonntag nicht mehr zum Massenstartwettkampf in Antholz antreten wollte, und Russlands Biathlonverband allen Grund, sauer zu sein. Ihnen wurde die Chance genommen, die WM so erfolgreich enden zu lassen, wie sie begonnen hatte.

Selbst wenn die Auswertung der Computer und Smartphones noch belastendes Material liefern sollte, hätten die Geräte doch auch schon am Freitag eingesammelt werden können. Der war rennfrei. Warum man lieber bis zum Staffeltag wartete, dann aber möglichst früh reinschneite, um die Athleten angeblich ohne Dolmetscher und in Unterhosen auf den Betten sitzen zu lassen, kann nur die Staatsanwaltschaft beantworten. Sportlich fair hat sie nicht gehandelt. Italiens Staffel wurde übrigens Siebte. Zum Glück profitierte sie nicht von der Aktion der Carabinieri.

Wir sind käuflich. Aber nur für unsere Leser*innen.

Die »nd.Genossenschaft« gehört ihren Leser:innen und Autor:innen. Sie sind es, die durch ihren Beitrag unseren Journalismus für alle zugänglich machen: Hinter uns steht kein Medienkonzern, kein großer Anzeigenkunde und auch kein Milliardär.

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:

→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen aufgreifen
→ marginalisierten Stimmen Raum geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten voranbringen

Mit »Freiwillig zahlen« machen Sie mit. Sie tragen dazu bei, dass diese Zeitung eine Zukunft hat. Damit nd.bleibt.