Sachsen-Anhalt erhält erste Antifa-Klausel

Landtag beschließt Verfassungsänderung.

  • Hendrik Lasch
  • Lesedauer: 3 Min.

Sachsen-Anhalt hat als erstes Bundesland einen Passus in seine Verfassung aufgenommen, der sich explizit gegen die Verbreitung nationalsozialistischer Ideologie und die Verherrlichung der NS-Herrschaft richtet. Der neue Artikel 37a der Landesverfassung wurde als Teil einer Parlamentsreform beschlossen, der alle Abgeordneten von CDU, Linke, SPD und Grünen am Freitag in namentlicher Abstimmung zustimmten. Mit dem Gesetzespaket werden zudem unter anderem Volksbegehren erleichtert und geregelt, dass Ausschüsse im Landtag künftig öffentlich tagen.

Dem neuen Artikel 37a zufolge ist es »Verpflichtung aller staatlichen Gewalt und Verantwortung jedes Einzelnen«, eine Wiederbelebung oder Verherrlichung des Nationalsozialismus sowie »rassistische und antisemitische Aktivitäten nicht zuzulassen«. Damit werde »auf Tendenzen in der Gesellschaft reagiert«, die in der Menschheitsgeschichte einmaligen Verbrechen des Nationalsozialismus zu verharmlosen oder zu negieren, heißt es in der Begründung zum Gesetzentwurf.

Mit dem neuen Passus erhalte der Antifaschismus »erstmals in einem deutschen Bundesland Verfassungsrang«, erklärte Stefan Gebhardt, Landeschef der Linken. Der SPD-Politiker Rüdiger Erben sagte in der Debatte mit Blick auf das Gesamtpaket der Parlamentsreform, der Artikel 37a sei eine »besonders aktuelle Änderung in dieser Zeit«. Auch Sebastian Striegel von den Grünen erklärte unter Bezug auf das rassistische Gewaltverbrechen in Hanau, es gehöre »zu den traurigen Befunden dieser Zeit«, dass der neue Passus zum NS-Ungeist »besonders dringlich erscheint«.

Initiativen mit dem Ziel, eine so genannte »Antifa-Klausel« in Verfassungen aufzunehmen, gab es in mehreren Bundesländern. 2005 schlug die PDS in Thüringen eine Formulierung vor, an der die jetzt in Sachsen-Anhalt beschlossene stark orientiert ist. Der Vorstoß scheiterte aber, wie später ein ähnlicher der Genossen in Sachsen. Thüringens CDU-Justizminister sagte zur Begründung, man lehne »jeden politischen Extremismus« ab. Im Norden setzte eine Volksinitiative »Für ein weltoffenes, friedliches und tolerantes Mecklenburg-Vorpommern« 2007 eine Ergänzung der Verfassung durch, der zufolge Handlungen verfassungswidrig sind, deren Ziel die Verbreitung von »rassistischem oder anderem extremistischen Gedankengut« sei. Die unter anderem von Linke und DGB unterstützte Initiative hatte die ausdrückliche Erwähnung rechtsextremistischen Gedankenguts angestrebt, war aber an der CDU gescheitert. In Brandenburg wurde 2013 mit den Stimmen von SPD, Linke, FDP und Grünen eine so genannte »Antirassismus-Novelle« beschlossen. Mit diesem neuen Artikel 7a der Landesverfassung bekundet das Land, dass es »der Verbreitung rassistischen und fremdenfeindlichen Gedankenguts« entgegentrete. Auch in Brandenburg verweigerte die CDU dem Anliegen ihre Zustimmung; ihr Fraktionschef sprach von »Symbolpolitik«.

Die Antifa-Klausel in der Verfassung von Sachsen-Anhalt hatte auf dem Wunschzettel der Linken für Neuerungen in der Verfassung gestanden; sie sei eine »besondere Herzensangelegenheit« der Fraktion gewesen, sagt Gebhardt. Im Magdeburger Landtag widersetzte sich nur die AfD dem Anliegen; sie hält den nun beschlossenen Artikel für »ideologisch einseitig formuliert« und schlug eine Passage vor, die sich gegen »totalitäres und diskriminierendes« Gedankengut richtet. Die breite Mehrheit des Landtags wollte indes klarere Worte.

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