Jahrelang hofiert

Xavier Naidoo verbreitet wieder rassistische Behauptungen - Zeit für Selbstkritik beim kulturellen Establishment, das ihn lange unterstützt hat

  • Moritz Aschemeyer
  • Lesedauer: 2 Min.

«Ihr seid verloren.» Mit diesen Worten beginnt eine jüngst in den sozialen Medien verbreitete Videobotschaft von Xavier Naidoo. Darin gibt der Sänger unter anderem rassistische Gerüchte über Flüchtlinge von sich. Fast jeden Tag würde hierzulande ein «Gastgeber» von einem «Gast» getötet, eine Aussage die zwar nachweislich falsch ist, aber trotzdem in rechten Kreisen rege Verbreitung findet. Implizit ruft der als Sänger der «Söhne Mannheims» bekannt gewordene Naidoo zum Kampf auf, da es «weit und breit keinen Mann» gebe, um das Land zu retten. Statt sich zu wehren, bliebe man lieber politisch korrekt, «auch wenn ihr dran verreckt». Naidoo ließ mittlerweile verlautbaren, der Text, den er im Video singt, sei von 2018«, »Rassenhass und Fremdenfeindlichkeit« seien ihm fremd.

Naidoos Statement verwundert nicht , bereits bei früheren Skandalen um seine Liedtexte fühlte er sich missverstanden. Verschwörungstheorien und antisemitische Andeutungen gehören mittlerweile zum Standardrepertoire des 48-Jährigen, der sich als gläubigen Christen bezeichnet.

Begonnen hatte der gebürtige Mannheimer Naidoo deutlich widersprüchlicher. 1999 hatte er sich in einem Interview mit dem Musikexpress selbst als »Rassist« bezeichnet. Zwei Jahre später beteiligte er sich dennoch an dem antirassistischen Projekt Brothers Keepers. Im 2009 veröffentlichten Song »Raus aus dem Reichstag« bediente Naidoo Stereotype über die angebliche Macht der Familie Rothschild. Dass Deutschland ein besetztes Land sei, konstatierte er 2011, folgerichtig trat er im Jahr 2014 bei Veranstaltungen von sogenannten Reichsbürgern auf.

2012 veröffentlichte er gemeinsam mit dem Rapper Kool Savas den Track »Wo sind sie jetzt« in dem er unter anderem die homophob anmutende Frage stellt: »Warum liebst du keine Möse, weil jeder Mensch doch aus einer ist?«. Bereits damals sehnten sich Naidoo und Savas nach den starken Männern, die zum Führen fähig seien. Ein anscheinend bisher unerfüllter Wunsch, der auch dem aktuell viralen Video Naidoos zu entnehmen ist.

All dies hinderte den Fernsehsender RTL nicht, Naidoo auch 2020 als Juror der Castingshow »DSDS« zu beschäftigen. Nun folgte eine Distanzierung des Senders. Auch andere Sender wie Vox oder die ARD hofierten den Sänger nach seinen Ausfällen. Nur nach Protest wurde Naidoo 2015 nicht zum Eurovision Song Contest geschickt. 2017 moderierte er den mittlerweile abgeschafften Musikpreis Echo.

Der eigentliche Skandal sind nicht Naidoos rechte Ansichten, diese sind seit Jahren hinlänglich bekannt. Vielmehr müssen sich seine Unterstützer aus dem kulturellen Establishment die Frage gefallen lassen, warum sie sich jahrelang hinter einen Mann gestellt haben, der seinen Status als renommierter Künstler nutzt, um Hetze zu verbreiten.

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