Schärferer Blick nach rechts

Jana Frielinghaus über die Zählung »politisch motivierter« Straftaten

Der Mord an Walter Lübcke vor knapp einem Jahr führte zumindest zeitweilig zu einem gewissen Erschrecken im Bundesinnenministerium und den ihm unterstellten Behörden. Und auch am Mittwoch betonte CSU-Minister Horst Seehofer, die »größte Bedrohung« für die bundesdeutsche Gesellschaft gehe weiter »vom Rechtsextremismus aus«.

Die erfassten Daten belegen diese Aussage. Dennoch halten die Behörden von BKA bis Verfassungsschutz an den üblichen Schablonen fest, und da lautet die Devise noch immer: rechts und links gleich »extremistisch« und somit gleichermaßen gefährlich für die Demokratie. Dabei geißeln Staats- und Verfassungsrechtler den Extremismusbegriff als politisch motiviert und als Instrument zur Kriminalisierung Missliebiger - die in der Regel eben Linke sind.

Im Bericht zur »politisch motivierten Kriminalität« heißt es, mehr als drei Viertel der Delikte wiesen einen »extremistischen« Hintergrund auf, zielten also darauf ab, »bestimmte Verfassungsgrundsätze zu beseitigen«. Hier habe es gegenüber 2018 bei »rechten« Delikten einen Anstieg um 10, bei »linken« einen um fast 40 Prozent gegeben. Alles klar? Was auch immer hier erfasst ist: Letztere Zahl wirkt ziemlich bedrohlich, erstere vergleichsweise harmlos. Dazu passt, dass im Berliner Abgeordnetenhaus am Mittwoch nicht über rechtsterroristische Serientäter debattiert wurde, sondern vor allem über die von »linksextremistischen« Klimaaktivisten ausgehenden Gefahren.

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