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Die Zeit zu Enteignen ist gekommen

Initiative Deutsche Wohnen & Co enteignen einigt sich mit Senat und geht in die nächste Runde

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 3 Min.

Die nächste Stufe des Volksbegehrens zur Enteignung des Wohnungsbestands renditeorientierter Unternehmen, die jeweils mehr als 3000 Wohnungen in Berlin besitzen, kann kommen. Am Dienstagabend hat die Initiative Deutsche Wohnen & Co enteignen sich auf eine Anpassung des Beschlusstextes geeinigt.

Nun heißt es im Mittelteil des Textes, der Senat werde »aufgefordert, alle Maßnahmen einzuleiten, die zur Überführung von Immobilien sowie Grund und Boden in Gemeineigentum zum Zwecke der Vergesellschaftung nach Art. 15 Grundgesetz erforderlich sind«. Dies solle für Wohnimmobilien sowie die Grundstücke, auf denen sie errichtet sind, gelten »und findet Anwendung, sofern Wohnungen durch einen Eigentümer in einem Umfang gehalten werden, der als ›vergesellschaftungsreif‹ definiert wird«. In der ursprünglichen Fassung wurde der Senat aufgefordert, ein Gesetz zu diesem Zweck zu erarbeiten.

Damit ist die Initiative auf eine Forderung der Innenverwaltung von Ende Juni eingegangen. Die Behörde unter Führung von Innensenator Andreas Geisel (SPD) habe die Auffassung vertreten, dass ein Volksbegehren die Regierung nicht zur Erarbeitung von Gesetzen auffordern könne, teilten die Aktivisten mit.

»Die jetzige Formulierung ändert nichts an der politischen Verbindlichkeit des Volksbegehrens«, erklärt Rouzbeh Taheri, einer der Sprecher der Initiative. »Das Plenum hat sich mit großer Mehrheit für die nun gewählte Variante entschieden«, sagt Sprecherin Ingrid Hoffmann zu »nd«. Zur Wahl standen vier verschiedene Varianten. »Mit unserer Zustimmung zu dem Formulierungsvorschlag der Senatsverwaltung wollten wir uns nicht in juristischem Fingerhakeln verlieren«, begründet sie diesen Schritt. Nach über einem Jahr Wartezeit bis zum wohl bevorstehenden Abschluss der Prüfung resümiert sie: »Die Senatsverwaltung missbraucht ihre Rechtsprüfungsfunktion, um unsere Initiative zu bremsen. Nun gibt es keine Ausreden mehr!«

Bei seiner nächsten Sitzung am 4. August sollte der Senat nun das Volksbegehren offiziell zur Kenntnis nehmen und es an das Abgeordnetenhaus weiterleiten. Das Parlament hat dann vier Monate Zeit, sich mit der Forderung zu befassen. »Wir hoffen sehr stark, dass die Innenverwaltung diesmal ihr Wort hält«, sagt Hoffmann. »Erst wenn der Senat den Beschluss fasst, können wir unsere wegen der endlosen Verzögerung im Mai vor dem Verwaltungsgericht eingelegte Klage zurückziehen«, so die Aktivistin.

»Es wird höchste Zeit, unsere Leute scharren schon mit den Hufen, wann sie endlich mit dem Sammeln von Unterschriften beginnen können«, berichtet Hoffmann. Bis nächstes Jahr werden sie sich allerdings noch gedulden müssen. Nun kann auch endlich die Suche nach Bündnispartnern konkreter werden. Mindestens 200 000 Unterschriften müssen in vier Monaten gesammelt werden, damit rund 175 000 gültige zusammenkommen, die erforderlich sind. Der Berliner Mieterverein gehört schon zu den Unterstützern, auch die Berliner Mietergemeinschaft scheint nach anfänglicher Ablehnung umzuschwenken, sagt die Aktivistin. »Wir sind auch bereits in Sondierungen mit den Gewerkschaften«, berichtet sie.

Wenn ausreichend Unterstützer für den Volksentscheid zusammenkommen, dann dürften die Berliner im Herbst 2021 zeitgleich mit den Wahlen zu Bundestag und Abgeordnetenhaus auch über die Sozialisierung von bis zu 250 000 Wohnungen abstimmen. »Wir gehen davon aus, dass sich eine Mehrheit dafür aussprechen wird. Der Senat wird sich darüber nicht einfach hinwegsetzen können«, sagt Rouzbeh Taheri.

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