Lenin in Gefahr

  • Felix Jaitner
  • Lesedauer: 2 Min.

Wenn Privateigentum enteignet werden soll, legt das bürgerliche Lager für gewöhnlich die staatstragende Haltung ab und steigt auf die Barrikaden - in Deutschland genauso wie in Russland. Doch im Fall Pawel Grudinin ist das anders. Denn der 59-Jährige ist nicht nur ein erfolgreicher Agrarunternehmer, sondern auch Ex-Präsidentschaftskandidat der Kommunistischen Partei der Russischen Föderation (KPRF). Womöglich deshalb reagieren deutsche Medien und Politiker gleichgültig, während sie doch sonst keine Chance ungenutzt lassen, staatliche Willkür und die Gängelung des freien Marktes in Russland zu kritisieren. Doch Solidarität mit dem Besitzer einer Sowchose namens »Lenin« ist zweifellos zu viel für anständige Liberale.

Dem ausgebildeten Agrartechniker Grudinin steht handfester Ärger im Haus. Anfang Juli verurteilte ihn ein Moskauer Schiedsgericht zu einer Strafe von umgerechnet zwölf Millionen Euro. Minderheitsaktionäre seines Agrarunternehmens hatten auf Schadensersatz geklagt, da Grudinin bei umstrittenen Grundstückdeals den Konzern um viel Geld gebracht haben soll. Hinter den Forderungen werden Immobilienspekulanten vermutet, die es auf die lukrativen Grundstücke der Lenin-Sowchose, die im Moskauer Umland liegt, abgesehen haben. Russlands Hauptstadt wächst unaufhörlich, da lässt sich mit dem Verkauf von Land gutes Geld verdienen.

Nun droht Grudinin die Pleite und Lenin die Enteignung, dabei sei die Sowchose »eine Insel des Sozialismus«, schreibt das Zentralkomitee der KPRF in einem kürzlich veröffentlichten Solidaritätsaufruf. Die Kommunisten fürchten um den Verlust eines ihrer populärsten Politiker, denn der parteilose Grudinin holte als Kandidat der KP bei den Präsidentschaftswahlen 2018 mit knapp neun Millionen Stimmen den zweiten Platz. Als sozialer Unternehmer wetterte Grudinin damals gegen den russischen Raubtierkapitalismus, nun droht dieser ihn zu fangen.

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