Judenhasser sind Andere

Verfassungsschutz: Antisemitismus in «extremistischen Bereichen»

Hass auf «die Juden» ist in Deutschland immer noch weit verbreitet - und er nimmt offenbar zu. Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) hat jetzt ein «Lagebild» zum Antisemitismus in der Bundesrepublik veröffentlicht. Darin wird dieser vor allem als Problem der «Ränder» der Gesellschaft dargestellt. Fazit des 110-seitigen Papiers: Antisemitismus sei «in allen Extremismusformen ein Problem». Aktuell sei er «im Gewand des Hasses auf Israel am bedeutendsten».

Ausgeprägt ist Judenhass laut BfV-Bericht «vor allem aber im Rechtsextremismus und Islamismus». Hier habe er eine «konstitutive Bedeutung», heißt es in der am Montag veröffentlichten Analyse. Im «Linksextremismus», erklärte BfV-Präsident Thomas Haldenwang gegenüber der «Süddeutschen Zeitung», habe Judenfeindschaft «nachrangige Bedeutung». Gleichwohl sei sie «grundsätzlich in allen extremistischen Phänomenbereichen präsent».

Unter Islamisten habe der «gegen den ›Judenstaat Israel‹ gerichtete antizionistische Antisemitismus» den höchsten Stellenwert. Hierbei werde das Existenzrecht Israels bestritten, heißt es im Bericht. Diese Ausprägung des Antisemitismus sei wie keine andere an Debatten «einer breiten Öffentlichkeit anschlussfähig». Bei der Definition dieser Form des Antisemitismus bleibt das BfV vage und konzediert verbreitete Unsicherheit darüber, «wo legitime Kritik am Handeln der israelischen Regierung aufhört und antisemitisch grundierte Israelfeindschaft beginnt».

Antisemitisch sind laut Lagebild Äußerungen, in denen Israel als «jüdisches Kollektivum» verstanden und «diffamiert» werde. Das BfV beruft sich auf die Antisemitismusdefinition der Internationalen Allianz zum Holocaustgedenken, die in Deutschland mit einem Zusatz verabschiedet wurde, wonach sich Judenhass nicht nur gegen Personen, sondern gegen den Staat Israel richten könne.

In der sogenannten Neuen Rechten sieht das BfV sowohl Antisemiten als auch Gruppen, die Israels Außen- und Sicherheitspolitik verteidigen. Dieses Lager, dem auch Teile der islamfeindlichen Pegida-Bewegung zuzurechnen sind, sieht sich in einer «christlich-jüdischen Tradition.

Das Bundeskriminalamt verzeichnet in seiner Statistik politisch motivierter Kriminalität für 2019 insgesamt 2032 antisemitische Straftaten, 93 Prozent wurden extrem rechten Tätern zugeordnet. Bei den judenfeindlichen Gewalttaten wurde allein zwischen 2017 und 2019 eine Verdopplung verzeichnet. Knapp 85 Prozent der 73 tätlichen Angriffe des vergangenen Jahres waren demnach rechts motiviert.

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