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Faschos raus aus den Behörden
Meine Sicht: Marie Frank über die Rolle von Justiz und Polizei im Neukölln-Komplex
Der Ermittlungseifer der Berliner Staatsanwaltschaft gegen drei antifaschistische Plakatierer bekommt vor dem Hintergrund der jüngsten Enthüllungen im Justiz- und Polizeiskandal rund um den Neukölln-Komplex neues Gewicht. Denn eines ist spätestens jetzt klar: Staatsanwaltschaft und Polizei haben ein Rechtsextremismus-Problem - und zwar ein gewaltiges. Teile der Behörden scheinen durchsetzt zu sein mit im besten Fall Sympathisanten faschistischer Ideologien und im schlimmsten Fall Neonazis. Kein Wunder, dass bislang kein Verdächtiger der rechten Anschlagserie zur Verantwortung gezogen wurde - während der Repressionsdruck auf Antifaschist*innen umso größer ist.
Seit Jahren ist bekannt, dass Sebastian T., Tilo P. und Julian B. für die Terrorserie verantwortlich sind. Belege dafür gibt es zuhauf: abgehörte Telefonate, Observationen, wie sie ihre Opfer ausspähen, beschlagnahmte Festplatten mit Feindeslisten. Und doch sind die drei nach wie vor auf freiem Fuß, und das, obwohl eine Wiederholungsgefahr angesichts der mehr als zehn Jahre andauernden Terrorserie offensichtlich ist. Doch wer von Polizisten und Staatsanwälten protegiert wird, muss sich keine Sorgen machen. Ganz im Gegensatz zu den Opfern und allen, die sich den Faschisten entgegenstellen. Für sie sind nicht nur die Neonazis, sondern auch die Justiz- und Ermittlungsbehörden zur Bedrohung geworden. Jede »Panne«, jede bekanntgewordene Verbindung der Behörden ins Tätermilieu, ist für sie ein Schlag ins Gesicht. Denn sie warnen schon seit Jahren davor, dass es sich hierbei nicht um Einzelfälle, sondern um ein strukturelles Problem handelt.
Um das zu lösen, ist ein Untersuchungsausschuss, wie von Betroffenen gefordert, sicher ein guter Anfang. Doch dieser muss auch Konsequenzen haben. Denn was bringen Verfassungsschutz, Polizei oder Staatsanwaltschaft, wenn sie Nazis schützen, statt die Bevölkerung? Im Fall des VS ist die Lösung leicht: Weg damit, braucht kein Mensch. Bei Polizei und Staatsanwaltschaft ist es schwieriger: Hier steht ein langwieriger Entnazifizierungsprozess bevor, der nun umso entschlossener angegangen werden muss.
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