Es braucht ein sattes Plus

Kurt Stenger über gesunkene Reallöhne im Corona-Lockdown

Dass Statistiken gefälscht werden, wie es der Volksmund annimmt, dürfte die Ausnahme sein. In der Regel ist es schwierig genug, den Zahlenwust richtig einzuordnen, und die abgeleiteten Folgerungen sind ohnehin umstritten. Das gilt auch für die Mitteilung des Statistischen Bundesamtes, das einen beispiellosen Einbruch der Reallöhne im zweiten Quartal 2020 konstatiert; er war heftiger als einst in der Finanzkrise. Was nach einem Skandal riecht, ist letztlich Beleg des Erfolgs der Arbeitsmarktpolitik in der Coronakrise: Die stark ausgeweitete Kurzarbeit, die für den Lohnrückgang verantwortlich ist, hat Massenentlassungen und eine Pleitewelle wie etwa in den USA verhindert; dort sieht die Lohnstatistik besser aus. Was im deutschen Minus aber auch drinsteckt: Einige Unternehmen hätten das Gehaltsminus ihrer Kurzarbeiter mehr abfedern können, als sie es getan haben.

Die Botschaft aus Wiesbaden, die viele natürlich nicht hören wollen, richtet sich aber mehr in die Zukunft: Die Beschäftigten haben geholfen, ihre Unternehmen durch die Krise zu führen, und dafür den Gürtel enger geschnallt. Jetzt aber muss dies in den anstehenden Tarifverhandlungen belohnt werden, zumal nur spürbar steigende Einkommen die Basis der allseits herbeigesehnten Konjunkturerholung sein können.

Andere Zeitungen gehören Millionären. Wir gehören Menschen wie Ihnen.

Die »nd.Genossenschaft« gehört ihren Leser:innen und Autor:innen. Sie sind es, die durch ihren Beitrag unseren Journalismus für alle zugänglich machen: Hinter uns steht kein Medienkonzern, kein großer Anzeigenkunde und auch kein Milliardär.

Dank der Unterstützung unserer Community können wir:

→ unabhängig und kritisch berichten
→ Themen ins Licht rücken, die sonst im Schatten bleiben
→ Stimmen Raum geben, die oft zum Schweigen gebracht werden
→ Desinformation mit Fakten begegnen
→ linke Perspektiven stärken und vertiefen

Mit »Freiwillig zahlen« tragen Sie solidarisch zur Finanzierung unserer Zeitung bei. Damit nd.bleibt.