Umkämpfte Gemeinnützigkeit

Antifaschistischer Verband fordert politische Unterstützung ein

  • Lola Zeller
  • Lesedauer: 3 Min.

Vor fast einem Jahr wurde der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) durch die Berliner Finanzverwaltung die Gemeinnützigkeit entzogen. Diese Entscheidung muss rückgängig gemacht werden, fordert der Verband und ruft zu einer Kundgebung an diesem Mittwoch um 18 Uhr vor dem Berliner Abgeordnetenhaus auf.

Aktuell befinde sich der Bundesverband nach wie vor in einem juristischen Widerspruchsverfahren mit dem Berliner Finanzamt, sagt Thomas Willms, Bundesgeschäftsführer der VVN-BdA dem »nd«. Dabei gehe es um mehrere Tausend Euro Steuernachzahlung, die das Finanzamt im Zuge der Aberkennung der Gemeinnützigkeit von dem Verband verlange. Willms hält die Entscheidung, die Gemeinnützigkeit zu entziehen, für nicht nachvollziehbar. Auslöser war die Nennung der VVN-BdA als linksextremistische Organisation im bayrischen Verfassungsschutzbericht von 2018.

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Weil die Bundesvereinigung der Antifaschist*innen ihren Sitz in Berlin hat, ist das Land für sie zuständig. Die Finanzverwaltung unter Senator Matthias Kollatz (SPD) äußert sich unter Berufung auf das Steuergeheimnis nicht zu dem Fall. »Wir können Ihnen aber mitteilen, dass das Thema Gemeinnützigkeit derzeit vonseiten des Bundes und der Länder grundsätzlicher betrachtet wird«, so Sprecher Alexis Demos zu »nd«.

Der Protest des antifaschistischen Verbands richtet sich auch an die rot-rot-grünen Abgeordneten. Die Politiker*innen, deren Parteien sich grundsätzlich für die VVN-BdA ausgesprochen haben, müssten sich entschiedener für sie einsetzen, fordert der Verband. Die aktuelle politische Lage mache antifaschistische Arbeit besonders notwendig, sagt Willms. »Wir könnten mehr machen im Kampf gegen rechts, wenn das Finanzamt uns in Ruhe lassen würde.«

Auf der Kundgebung soll auch ein Grußwort von Günter Pappenheim, Überlebender des Konzentrationslagers Buchenwald, verlesen werden, sagt VVN-BdA-Aktive Hannah Geiger. »Diese Ignoranz uns gegenüber, die wir den deutsche Faschismus in Konzentrationslagern erlebten und überlebten, ist in hohem Grade beleidigend; beleidigend und erniedrigend für die vielen nicht mehr Lebenden. Das können wir nicht einfach hinnehmen. Unser Zweifel an der Aufrichtigkeit derer, die Macht ausüben, ist groß«, heißt es in dem Appell, der »nd« vorab vorliegt. Es gebe nichts, was gemeinnütziger sei als ein Eintreten für eine Welt ohne Faschismus und Krieg, so Pappenheim weiter.

Auch Ferat Kocak, Linke-Politiker aus Neukölln und Opfer der rechten Anschlagserie in dem Bezirk, wird auf der Kundgebung reden. »Es ist für mich wichtig, dass wir den Zusammenhang verstehen zwischen der Vergangenheit und den heutigen Nazi-Anschlägen«, sagt er. Durch den Entzug der Gemeinnützigkeit würden Nazi-Strukturen gestärkt und gesellschaftliche Gegenwehr geschwächt, so Kocak. Statt der VVN-BdA sollte eher den Sicherheitsbehörden aberkannt werden, dass sie dem Gemeinwohl dienen, findet er: »Weil sie Nazis horten, sind sie für mich eine offene Tür für Antidemokraten.«

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