Variabel wie noch nie

RB Leipzig schlägt Hertha BSC mit 2:1 und bleibt Tabellenführer

  • Ulrich Kroemer
  • Lesedauer: 4 Min.

RB Leipzigs Offensivreihe stand seit Beginn dieser Spielzeit schon des Öfteren im Mittelpunkt. Der wiedererstarkte Regisseur Emil Forsberg, Stürmer Yussuf Poulsen, der nun sogar Traumtore erzielt, und zuletzt der zum Außenstürmer umgeformte Angeliño bestimmten die Schlagzeilen. Beim 2:1 (1:1)-Arbeitssieg des Tabellenführers gegen Hertha BSC am Samstag entschieden jedoch zwei reine Abwehrspieler die Partie mit ihren Offensivaktionen. Vor dem Champions-League-Auftritt der Leipziger am Mittwoch im Old Trafford gegen Manchester United (21 Uhr) ein wichtiger Fingerzeig für Trainer Julian Nagelsmann, dass er seine Leistungsträger auch mal schonen kann und das Team die Pflichtaufgaben dennoch solide erledigt. Bereits acht verschiedene Akteure haben sich in der Ära nach Timo Werner in die Torschützenliste eingetragen - neue Leipziger Variabilität.

Nur wenige Minuten nach dem Führungstreffer von Herthas Jhon Cordoba durch einen perfekt inszenierten Konter (8.), schlug Dayot Upamecano zurück. Zunächst schlug der massige Franzose den Ball ein wenig unmotiviert und überhastet in die Strafraummitte - halb Pass, halb Schuss. Doch als die Kugel zu ihm zurückprallte, nutzte er seine zweite Chance. Den Ball eng am Fuß zog er unwiderstehlich gegen gleich drei Berliner in den Fünfmeter-Raum und schoss ihn mit all seiner Wucht ins Tor. Upamecanos schneller Ausgleich (11.) hat Seltenheitswert, denn es war sein erster Treffer seit Mai 2018 - damals beim 6:2 in Berlin. Erst vier Tore hat der Abwehrhüne überhaupt für den Rasenballsport geschossen. Kaum zu glauben bei seiner körperlichen Präsenz und Klasse.

Trainer Julian Nagelsmann nutzte den Torerfolg, um den französischen Nationalspieler weiter anzustacheln. »Dass er zu den Topspielern in Europa auf seiner Position gehört, ist bekannt«, sagte der Trainer. Auch gegen Hertha gehörte er zu den Besten auf dem Platz, gewann viele Zweikämpfe, lief Cordoba, Matheus Cunha und Dodi Lukebakio mit über 35 km/h die Bälle ab und hatte nur beim 0:1 die Löcher nicht mehr stopfen können. »Aber was ihn etwa noch von Virgil van Dijk unterscheidet«, führte Nagelsmann aus, »dass der zuverlässig fünf, sechs Saisontore schießt und unglaublich torgefährlich ist«. Durch den Vergleich mit dem besten Abwehrspieler der Welt hängte der ehrgeizige Leipziger Chefcoach die Messlatte für den hochtalentierten Upamecano ziemlich hoch.

Doch auch der Mann mit Wurzeln in Guinea-Bissau sei »gierig« darauf, seinem Spiel mehr Torgefahr hinzuzufügen. Vor allem per Kopf soll der Büffel unter den »Bullen« torgefährlicher werden. Da arbeite er im Training »fleißig« am Timing, berichtete Nagelsmann. Zudem feile das RB-Team weiterhin an der Qualität der Flanken und Standards. »Wenn er jetzt noch seine Chancen nutzt, ist er noch wertvoller für uns, als er es eh schon ist«, sagte Nagelsmann.

Und auch Upamecanos erfahrener Nebenmann Willi Orban ist stets für eine Handvoll Treffer pro Spielzeit gut. Gegen die Berliner köpfte er vor Upamecanos Tor an die Latte und holte den Foulelfmeter heraus, den Kapitän Marcel Sabitzer bei seinem Comeback zum Siegtreffer verwandelte (77.). Der stürmende Manndecker Orban hatte mit Cordoba die Rollen getauscht und war in den Berliner Strafraum gedrängt, so dass sich der verteidigende Angreifer Cordoba nur ungelenk von hinten auf den ungarischen Nationalspieler fallen lassen konnte. Für diesen Laufweg erhielt der nicht sonderlich schnelle, aber sehr kopfball- und zweikampfstarke Orban ein Extralob von Nagelsmann.

Nach dem harten Blitz-Platzverweis gegen Deyovaisio Zeefuik, der erst viereinhalb Minuten auf dem Spielfeld war, als er nach zwei Fouls an Christopher Nkunku Gelb-Rot sah (50.), war die Partie für die anfangs konterstarken und robusten Herthaner dahingegangen. Bis auf Trainer Bruno Labbadia, der sich nach einer Gelben Karte selbst auferlegte, nichts über Schiedsrichter Tobias Stieler zu sagen, arbeiteten sich die Herthaner an dem Referee ab. Keeper Alexander Schwolow sprach von einer »klaren Fehlentscheidung«. Und Manager Michael Preetz befand, dass sich der Unparteiische »über das Spiel gestellt« habe. »Wenn Fouls gepfiffen wurden«, so Preetz, »dann immer gegen Hertha BSC«. 22 mal gab es Freistoß für RB, elf mal pfiff Stieler für die Herthaner, zu deren Spielkonzept es jedoch gehört, den Rhythmus des Gegners mit vielen kleinen Fouls zu stören. Nach vier Niederlagen in Serie und Tabellenplatz 15 hängt der Haussegen bei der Hertha nun mächtig schief. Der Druck auf Labbadia, der »sehr enttäuscht« war und auf »mehr als einen Punkt« spekuliert hatte, wächst.

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