Anklage gegen rechte Terrorvereinigung

Zwölf Tatverdächtige der »Gruppe S.« wollten mit Massakern und Attentaten Bürgerkrieg provozieren

  • Sebastian Bähr
  • Lesedauer: 3 Min.

Rund neun Monate nach der Zerschlagung der extrem rechten Terrorzelle »Gruppe S.« hat die Bundesanwaltschaft Anklage gegen zwölf Tatverdächtige erhoben. Sie sollen sich vor dem Stuttgarter Oberlandesgericht (OLG) wegen Mitgliedschaft und Unterstützung einer rechtsterroristischen Vereinigung verantworten. Die Richter in Stuttgart prüfen nun, ob die Anklage zugelassen wird.

Zur Vorgeschichte: Mitte Februar hatte die Polizei mit Spezialkräften Hausdurchsuchungen an 13 Orten in Baden-Württemberg, Bayern, Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Sachsen-Anhalt durchgeführt. Dabei fanden die Ermittler unter anderem eine schussbereite 9-Millimeter-Pistole, eine Shotgun mit 100 Schuss Munition, eine Armbrust, Messer, Dolche, Morgensterne, Sprengstoff und selbstgebaute Handgranaten. Bei den Razzien wurden zwölf Männer zwischen 31 und 60 Jahren festgenommen. Sie sollen einen politischen Umsturz und Massenmorde geplant haben.

Laut der Anklage sollen zwei der Verdächtigen Rädelsführer der Terrorvereinigung gewesen sein, neun weitere Mitglieder in der »Gruppe S.«. Ein zwölfter Mann soll die Gruppe als Helfer unterstützt haben. Ein weiterer dreizehnter Beschuldigter ist in der Untersuchungshaft verstorben, laut Ermittlern soll Suizid die Ursache gewesen sein. Einer der Beschuldigten hatte die Polizei als Spitzel über die Pläne der Gruppe informiert. Auch gegen ihn wird ermittelt, er muss jedoch nicht in Haft.

Die Pläne der »Gruppe S«. waren äußerst grausam: Die Männer wollten Attentate auf Politiker wie Anton Hofreiter und Robert Habeck (jeweils Grüne) sowie auf schwarze Menschen ausführen. Angreifer sollten dazu in mehrere Moscheen eindringen und dort betende Muslime erschießen. Durch die Massaker wollte die Gruppe scharfe Gegenreaktionen hervorrufen und einen Bürgerkrieg initiieren. Das Motiv ist weit verbreitet in der extrem rechten Szene. Auch die Neonazi-Terrorgruppe »Revolution Chemnitz« wollte entsprechend einen Bürgerkrieg auslösen.

Ein erstes Treffen der »Gruppe S.« fand im September 2019 in Alfdorf bei Baden-Württemberg statt, das letzte offenbar Anfang Februar in Minden. Die Mitglieder hatten darüber hinaus vor allem über Chatgruppen und Telefone miteinander kommuniziert. Bis zu 5000 Euro wollte man jeweils laut abgehörten Gesprächen in die Kriegsvorbereitung investieren. Ein mutmaßliches Mitglied behauptete zudem, es könne 2000 weitere Menschen rekrutieren, teilweise bewaffnet.

Die Verdächtigen weisen verschiedenste Bezüge zur extrem rechten Szene auf. Namensgeber und einer der mutmaßlichen Anführer der Gruppe ist Werner S., Spitzname »Teutonico« - Sicherheitsbehörden hatten ihn als Gefährder eingestuft. Der zweite Chef soll Tony E. gewesen sein. Er war im »Freikorps Heimatschutz« organisiert, einer Gruppe, die sich nach eigener Aussage auf den »Krieg« vorbereitet. Besonders Brisant: Thorsten W., war Verwaltungsbeamter der Polizei Hamm, mittlerweile wurde er suspendiert. Der Angeklagte veröffentlichte in sozialen Medien Bilder von sich als »germanischer Krieger« mit Schild und Schwert und beklagte, dass Deutschland unterdrückt werde.

Der Angeklagte Thomas N. gilt wiederum als Reichsbürger und soll wie Thomas N. bei »Wodans Erben Germanien« aktiv gewesen sein, einer rechten Gruppe, die sich als Bürgerwehr inszeniert. Steffen B. und Stefan K. aus Sachsen-Anhalt waren regionale Anführer der »Vikings Security Germania«, einer Abspaltung der »Soldiers of Odin«, einer Gruppe, die eine ähnliche Strategie verfolgt.

Die Verbindungen der Gruppe reisten auch in den vergangenen Wochen nicht ab. So soll Ende September ein festgenommener deutscher Neonazi zu der Vereinigung ebenfalls Kontakt gehabt haben. Bei der Polizeiaktion gegen den in Polen lebenden 62-Jährigen waren laut Berichten 1,2 Kilogramm Sprengstoff und Munition gefunden worden.

Vor einem möglichen Gerichtsprozess haben die Angeklagten widersprüchliche Signale gesendet: So haben bereits mehrere Beschuldigte zu den Vorwürfen Angaben gemacht, gleichzeitig werden einige von ihnen durch rechte Szeneanwälte verteidigt. Einer der Angeklagten hat laut »SWR« den Freiburger Stadtrat Dubravko Mandic als Strafverteidiger. Mandic ist Mitglied der AfD und gilt als Unterstützer des völkischen »Flügels«.

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