Kot im Glas

Die Zirkusbranche ist kreativ, doch der Lockdown bringt sie an ihre Grenzen

Die Idee klingt etwas skurril: Der Zirkus Krone verkauft den Kot seiner Löwen im Glas. Der Geruch soll Marder abschrecken, an Autoschläuchen zu knabbern, die Tiere sollen geradezu einen Bogen um die Autos machen. »Das funktioniert«, verspricht eine Sprecherin des berühmten Zirkus. Anfragen habe es immer mal wieder gegeben, und vor einigen Monaten, als sie nicht auftreten durften, habe der Zirkus mit dem Verkauf der Gläser begonnen.

Zirkusse brauchen derzeit kreative Einfälle, längst stecken sie in einer ihrer größten Krisen in ihrer 250 Jahre langen Geschichte. Es galten für sie die Regeln für Kulturschaffende, im Frühjahr und Sommer waren sie vom Corona-Lockdown besonders betroffen, nur in einem kleinen Zeitraum im Herbst durften sie auftreten, bevor die zweite Infektionswelle sie erneut mit voller Wucht traf. Anfang November wurden die Aufführungen erneut untersagt.

Ein Ende der Misere ist noch nicht in Sicht. Das Weihnachtsgeschäft, das für Zirkusse längst zu einem zweiten Standbein geworden ist, droht komplett auszufallen, was für die Branche ein weiterer Schlag wäre. Für etliche Unternehmen könnte das verheerend sein, zu der Einschätzung kommen die Branchenverbände Bundesarbeitsgemeinschaft Zirkuspädagogik, Bundesverband Zeitgenössischer Zirkus, die European Circus Association und der Verband deutscher Circusunternehmen in einer gemeinsamen Mitteilung. »Ohne entsprechende Hilfen werden viele Zirkusse diesen Totalausfall ihrer Einnahmen nicht überstehen«, heißt es darin.

Die bisherigen Förderprogramme passen oftmals nicht zu den Zirkusunternehmen, den soloselbstständigen Artisten sowie den Pädagogen, kritisieren die Verbände. Und was mit der Unterstützung für die Unternehmen im Rahmen der Novemberhilfe der Bundesregierung wird, sei auch noch völlig unklar, sagte Helmut Grosscurth von der European Circus Association dem »nd«. Die Bundesregierung hatte kürzlich angekündigt, Unternehmen, die unter den Corona-Einschränkungen besonders betroffen sind, zu unterstützen und ihnen bis zu 75 Prozent des Umsatzes - gemessen am November 2019 - auszuzahlen. Noch ist die Hilfe aber nicht angelaufen. Die Verbände malen in ihrer Mitteilung ein düsteres Bild. Sollten die staatlichen Hilfen ausbleiben, dann würden »die Zirkusse trotz ihrer langen Tradition und dem bisherigen Millionenpublikum in absehbarer Zeit von der Bildfläche verschwunden sein«.

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