EU-Gipfel beschließt schwaches Klimaziel

Der Rückgang der CO2-Emissionen im Lockdown-Jahr 2020 sorgt für keine Trendwende. Die Proteste gehen weiter

Die Jugendklimabewegung Fridays for Future hat anlässlich des fünften Jahrestags des Paris-Übereinkommens erneut in vielen Ländern protestiert. Auch wenn wegen der Corona-Auflagen Großdemonstrationen wie noch vor einem Jahr derzeit undenkbar sind, sollte wieder ein deutliches Zeichen gesetzt werden: dass weltweit in Sachen Klimaschutz noch viel mehr getan werden muss.

Auch die erfreuliche Entwicklung bei den CO2-Emissionen ist kein Grund für Erleichterung - sie sind nur Folge der Lockdown-Maßnahmen. Um sieben Prozent werde der Ausstoß von Treibhausgasen in diesem Jahr weltweit zurückgehen, teilte das Global Carbon Project am Freitag mit. Mit 2,4 Milliarden Tonnen falle der Rückgang deutlich höher aus als in vorherigen Rekordjahren. Dennoch seien die Emissionen weiter viel zu hoch, so die Forscher. Ein großer Teil des verbleibenden CO2-Budgets zur Einhaltung des Ziels, die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad zu begrenzen, sei aufgebraucht. Die UNO warnte bereits, der starke Emissionsrückgang 2020 habe einen »zu vernachlässigenden« Effekt auf die Langzeittrends der Erderwärmung. Experten rechnen im kommenden Jahr wieder mit einem erneuten Anstieg.

Greta Thunberg fällt sogar ein vernichtendes Urteil: »Morgen sind es fünf Jahre seit dem Pariser Abkommen. Fünf Jahre der Untätigkeit und des Schaffens von Schlupflöchern. Wir können so nicht weitermachen«, schrieb die schwedische Aktivistin auf Twitter. Schon zuvor hatte sie das in der Europäischen Union geplante neue Klimaziel bis 2030 als unzureichend bezeichnet und der EU Schönrechnerei vorgeworfen.

Beschlossen wurde es beim Gipfel der Staats- und Regierungschefs in Brüssel am Freitagmorgen aber doch: Bis 2030 sollen innerhalb der EU 55 Prozent weniger Treibhausgase ausgestoßen werden als im Jahr 1990. Bisher lag das Ziel bei minus 40 Prozent. Vorausgegangen war ein langwieriger Streit mit dem Kohleland Polen, der die ganze Nacht dauerte. Das Land trägt das neue Ziel nun mit - bekommt dafür aber zusätzliche Finanzhilfen bei der Energiewende.

Während Industrieverbände die Verschärfung als sehr ehrgeizig ansehen, halten Umweltschützer dagegen, dass zum Erreichen des 1,5-Grad-Ziels mindestens minus 65 Prozent nötig wären. Auch dass der fossile Brennstoff Erdgas im Gipfelbeschluss zu den »Übergangstechnologien« gezählt wird, ist aus dieser Sicht fatal.

Für Fridays for Future gibt es also viele gute Gründe, nicht nachzulassen bei den Protesten. Auch in Europa.

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