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Nettes Gesicht und kaltes Herz
Wolfgang Hübner über die Wahl des neuen CDU-Vorsitzenden
Alles bleibt anders – so könnte an die Wahl von Armin Laschet zum CDU-Vorsitzenden auf den Punkt bringen. Am Ende war es der erwartete Zweikampf mit Friedrich Merz; der Außenpolitiker Norbert Röttgen blieb der Außenseiter, der er von Anfang an war. Mit Laschets Sieg hat sich der Merkel-Block durchgesetzt, von der Kanzlerin subtil unterstützt. Eine konservative Politik, die der Wirtschaft und dem großen Geld nicht zu nahe tritt und flexibel genug ist, den allerdringlichsten Zeichen der Zeit zu entsprechen. Und der es zum Zwecke des Machterhalts weitgehend egal ist, ob sie die Interessen ihrer Klientel mit einer wirtschaftsliberalen FDP, deren grün gefärbter Wiedergeburt oder einer geduckten SPD bedient.
Dennoch: Fast die Hälfte der CDU-Delegierten wählte Friedrich Merz, wie schon einmal vor gut zwei Jahren. Das spiegelt die Sehnsucht in erheblichen Teilen der Union nach der guten alten Zeit, nach einer harten Hand in sozialen und Asylfragen und nach einer Führung, die sich mit Umwelt-, Gender- und sonstigem Klimbim nicht groß abgibt. Merz verkörpert das kalte Herz des Bürgertums, und für diesen Mann hat die kindergreisenhafte Junge Union als Lobbygruppe laut getrommelt.
Ob Laschet – anders als seine Vorgängerin Annegret Kramp-Karrenbauer, die vor allem ihren Abgang verwaltete – mehr als ein Übergangslösung wird, darüber entscheidet in erster Linie dieses Wahljahr. Noch wirkt der Merkel-Bonus ein wenig, der der Union Sympathien weit über einen konservativen Kern hinaus einbrachte. Aber bald wird er aufgebraucht sein, und dann muss sich zeigen, was die politische Substanz des Armin Laschet ist oder ob er nur das nette Gesicht der Partei darstellt. Da darf man die Äußerung von Merz, gemeinsam mit Laschet noch viel erreichen zu wollen, durchaus als Drohung verstehen.
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