Werbung

Laschets Abriss

Am Rand des Tagebaus Garzweiler wurde am Montag mit der Zerstörung eines geräumten Dorfes begonnen

Schon seit vielen Wochen wird um die Zukunft des Dorfes Lützerath gekämpft. Eine Handvoll Häuser, nicht weit von der Abbruchkante des Tagebaus Garzweiler 2 entfernt. Der Energiekonzern RWE möchte, dass Lützerath möglichst bald dem Erdboden gleichgemacht wird.

Unter dem Dörfchen liegt Kohle, die RWE noch bis 2038 verbrennen kann. Doch gleichzeitig wird der Widerstand gegen die Abbaggerung dieses und anderer Dörfer größer. Einer größeren Öffentlichkeit ist Lützerath seit dem letzten Sommer bekannt. Damals protestierten Tausende Menschen gegen die Zerstörung einer Landstraße, die Lützerath mit anderen Dörfern entlang des Tagebaus verband. Mittlerweile ist die Straße Geschichte, aber Lützerath ist Ausgangspunkt von Protesten gegen die Vernichtung von Dörfern im Rheinland geblieben.

»Im Gegensatz zur fossilen Politik des Bundestages, die das Kohlegesetz als fortschrittlich ansieht, kämpfen wir hier für eine wirkliche Politik der Zukunft, und dort hat die Kohle keinen Platz mehr«, sagt Maira Kellers von der Initiative »Lützerath lebt«. Die Umsiedlung »und damit der Verlust des Zuhauses« sei nicht hinnehmbar und stehe »für eine Energiegewinnung, die dem letzten Jahrhundert angehört«.

In den vergangenen Wochen hatte es schon Besetzungen von Dächern im Dorf und von Zufahrtsstraßen gegeben. Diese Aktionen fanden an diesem Montag ihren Höhepunkt, als RWE mit dem Abriss des ersten Hauses begann. Gegen 8 Uhr wühlten sich die Bagger in das erste Haus. Dagegen habe es »vielseitige und starke Proteste« gegeben, so die Aktivisten, die das Dorf schützen wollten. Die Absicht von RWE sei eindeutig, der Widerstand gegen die Abbaggerung solle »mürbe gemacht werden«. Maira Kellers kritisiert besonders NRW-Ministerpräsidenten Armin Laschet. Dieser habe sich, gerade zum neuen Vorsitzenden der CDU gewählt, einmal mehr als »Kohlekönig« gezeigt. Im Gegensatz zu seinen Verlautbarungen als »Klimasschutz-Bewerber« habe Laschet in der Region viel Vertrauen zerstört. Der NRW-Ministerpräsident sei ein »Handlanger von Konzernen« und stehe für »die kapitalistische Ausbeutung von Mensch und Natur«.

Nach Angaben der Polizei Aachen blockierten mehrere Kleingruppen mit jeweils bis zu 20 Aktivisten zwei Zufahrtsstraßen in Richtung Lützerath. Eine Gruppe habe kurzzeitig einen für die Abrissarbeiten benötigten Tieflader von RWE an der Weiterfahrt gehindert. Die Umweltschützer hätten keinen Widerstand gegen die Auflösung der Sitzblockade geleistet. Einer von ihnen sei gleichwohl leicht verletzt worden. Es habe zudem zwei Versuche von Aktivisten gegeben, Absperrzäune zu überwinden, diese seien von den Einsatzkräften unterbunden worden. Platzverweisen kamen die Demonstranten laut Polizei nach. Ein von Aktivisten durchgeführter Gottesdienst sei ohne Störungen verlaufen. Die Polizei war nach eigenen Angaben mit mehreren Dutzend Beamten der Einsatzhundertschaft vor Ort.

Scharfe Kritik an dem Abriss des Dorfes und dem Weiterbetrieb des Tagebaus Garzweiler kam am Montag auch von der Umweltorganisation Greenpeace und von Fridays-for-Future-Aktivistin Luisa Neubauer. Oliver Krischer, Fraktionsvize der Grünen im Bundestag, forderte, dass keine weiteren Dörfer rund um Garzweiler abgerissen werden sollten - zumindest, bis laufende Gerichtsverfahren entschieden seien.

Laut RWE ist die Umsiedlung von Lützerath so gut wie abgeschlossen. Bis zum Ausstieg aus der Braunkohleförderung sollen nach den Plänen der NRW-Landesregierung noch weitere fünf Ortschaften verschwinden.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal