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Kevin Kühnert will jetzt Gegenspieler der Finanzlobby sein
Nach knapp einem Jahr Politikpause hat Kevin Kühnert einen neuen Job bei der Bürgerbewegung Finanzwende
Es ist mittlerweile acht Jahre her, dass Kevin Kühnert einer größeren Öffentlichkeit bekannt wurde. 2017 war der Berliner gerade Bundesvorsitzender der Jusos geworden, als die SPD trotz einer für sie enttäuschenden Bundestagswahl nicht den Weg in die Opposition einschlug, sondern Verhandlungen über eine Große Koalition aufnahm. Ein Jamaika-Bündnis war bereits gescheitert, die SPD sollte, wie es so schön hieß, aus staatspolitischer Verantwortung dennoch mitregieren. Kühnert wollte das nicht und begeisterte weit über die Jusos hinaus. Seine Anti-GroKo-Kampagne brachte der SPD damals Tausende neue Mitglieder. Am Ende ging sie zwar die Koalition ein, aber Kühnert war plötzlich bundesweit bekannt und galt als großes Talent.
Ein Talent, das er auch ein knappes Jahr später bewies, als er Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans bei der Wahl für den SPD-Parteivorsitz unterstützte und sich das Duo unter anderem gegen Olaf Scholz und Boris Pistorius durchsetzte. Im Zuge der Wahl verabschiedete sich Kühnert auch von den Jusos und wurde stellvertretender Parteichef. 2021 folgte, kurz nach der Bundestagswahl, der nächste Schritt auf der Karriereleiter. Kühnert wurde Generalsekretär der SPD.
Ein Posten, der nie so ganz zu dem Armina-Bielefeld-Fan passen sollte, schließlich wurde Kühnert nun so etwas wie ein ergänzender Regierungssprecher der Ampel. Seine Auftritte wirkten immer mehr wie eine lästige Pflicht. Im Oktober 2024 erklärte er dann seinen Rücktritt als Generalsekretär, und dass er nicht mehr für den Bundestag kandidieren würde. »Die Energie, die für mein Amt und einen Wahlkampf nötig ist, brauche ich auf absehbare Zeit, um wieder gesund zu werden«, hieß es in einer Mitteilung. Ein halbes Jahr danach erklärte er in einem langen, mit dem Satz »Am Ende war da ein Gefühl von absoluter Vergeblichkeit« überschriebenen Porträt in der »Zeit«, dass zunehmende Anfeindungen, Zweifel am gesellschaftlichen Zusammenhalt und Fragen darüber, was er selbst bewegen könne, ausschlaggebend für seinen Politikausstieg gewesen seien.
Nach einer Alpenwanderung wollte der erst 36-Jährige über seine neue berufliche Zukunft entscheiden. Das ist nun geschehen: Er versucht sich außerparlamentarisch bei der Bürgerbewegung Finanzwende. Dort übernimmt er den Bereich Steuern, Verteilung und Lobbyismus. »Extreme Ungleichheit fällt nicht vom Himmel. Sie ist menschengemacht und kann deshalb auch wieder zurückgedrängt werden«, erklärt Kühnert die Motivation für den neuen Job. Nach der Parteipolitik habe er den Wunsch gehabt, sich stärker auf ein Thema zu fokussieren. Die stets zunehmende Ungleichheit ziehe sich wie »ein roter Faden« durch die großen Krisen. Die Finanzwende setze genau da an und bringe als Gegengewicht zur Finanzlobby »Menschen ganz unterschiedlicher Hintergründe« zusammen.
Der Gang zur Bürgerbewegung passt insofern zu Kühnert, als er an Zeiten anknüpft, die für ihn erfolgreich waren. Norbert Walter-Borjans galt ja auch mal als Robin Hood, weil er als Finanzminister von NRW Daten von Steuerbetrügern ankaufte.
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