Aber die Kinder!

Die Moderatorin Marlene Lufen polemisiert gegen den Lockdown

  • Robert D. Meyer
  • Lesedauer: 2 Min.

Anfang der 2000er Jahre warb Sat.1 für sich mit dem Slogan »Powered by emotion«, was so viel heißen sollte wie: Die Zuschauer*innen bekommen bei uns die volle Ladung Emotion geboten. Das exakte Gegenteil der nüchternen Darstellung von Fakten also, eine journalistische Disziplin, für die Privatsender ohnehin nicht bekannt sind. Nachrichten? Hintergründige Reportagen? Alles Quotenkiller.

Basierend auf diesem Prinzip hat die Moderatorin Marlene Lufen bei Instagram ein 14-minütiges Video zum Corona-Lockdown hochgeladen, das sich bereits mehr als zehn Millionen Menschen angesehen haben. So hoch ist die Quote beim »Frühstücksfernsehen«, das Lufen seit 1997 moderiert, bei weitem nicht, der Beitrag würde aber perfekt in diese Sendung passen.

Die 50-Jährige redet in ihrem Clip über die echten und vermeintlichen physischen als auch psychologischen Folgen der Corona-Maßnahmen. Sie spricht über häusliche Gewalt gegen Kinder und Frauen, wachsenden Stress, Depressionen bis hin zu Suizid. Das alles ist absolut berechtigt, würde Lufen nicht Zahlen und Fakten durcheinanderwerfen. Mal hat die zitierte Statistik keinen Bezug zu den Corona-Maßnahmen, mal sind genaue Erhebungen gar nicht bekannt.

Das ist im Detail auch nicht wichtig, denn die nüchtern vorgetragenen Informationen gipfeln am Ende in der Polemik: »Jedes Mal, wenn in den Nachrichten wieder jemand sagt, wir müssen die Zähne zusammenbeißen, hat irgendein Kind zuhause von seinem Vater die Faust im Gesicht [...].«

Bei Lufens Zuhörer*innen bleibt hängen: An all diesen Zuständen sind die Corona-Maßnahmen schuld. »Wir müssen überlegen, ob der Lockdown wirklich das richtige ist«, fragt die Journalistin. Applaus bekommt sie dafür von Verschwörungsideolog*innen, auch wenn Lufen dies eigentlich nicht will. Genau das passiert, wenn Wut im Bauch wichtiger ist als die sachliche Analyse komplexer Probleme.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal