Europäer sollen vermitteln
Iran und die USA bleiben beim Nukleardeal fest auf ihren Positionen
Seit dem Amtsantritt von US-Präsident Joe Biden ist praktisch kein Tag vergangen, an dem nicht irgendeine Erklärung zum internationalen Atomabkommen JCPOA (Joint Comprehensive Plan of Action) verbreitet wurde: sei es seitens des Irans, sei es seitens der USA; manchmal melden sich auch die EU oder Russland zu Wort. Die Positionen der Beteiligten liegen auf dem Tisch und verheißen einen dornigen Weg zu einem funktionierenden Abkommen.
Die Positionen sind durch einen schwer zu überbrückenden Graben getrennt: Auf der iranischen Seite beteuern die Verantwortlichen seit Wochen, von heute auf morgen alle Verpflichtungen aus dem Atomabkommen von 2015 erfüllen zu wollen, sobald die anderen Vertragspartner ihren Verpflichtungen nachkämen. Erweiterungen des Abkommens seien aber ausgeschlossen: »Kein einziger Absatz im Atomdeal wird sich ändern, und es wird auch keine neuen Verhandlungspartner geben«, sagte Präsident Hassan Ruhani am Mittwoch im Staatsfernsehen laut dpa.
Die USA forderten schon unter Trump, in ein neues Abkommen weitere Punkte aufzunehmen: die Außenpolitik Irans in der Region und seine mutmaßliche Unterstützung für terroristische Gruppen sowie sein Raketenprogramm. Der Iran lehnt dies kategorisch ab und wird darin unterstützt von Russland, das allen Spekulationen über eine Erweiterung eine Absage erteilt. Bislang sei es gelungen, das Abkommen zu »retten«, erklärte kürzlich der russische Vize-Botschafter bei der Uno, Dmitri Poljanski. »Wir sehen keinen Grund, warum es verändert werden sollte.« Wenn andere Themen angesprochen werden sollten, so solle dies in einem neuen Rahmen und mit neuen Mitteln geschehen, sagte Poljanski. Eine Vermischung mit den Gesprächen über das Atomabkommen lehnt er ab.
Eine Verknüpfung des Atomabkommens mit weiteren Punkten sei auch »völlig unrealistisch«, sagt gegenüber »nd« Jerry Sommer, Mitarbeiter am Friedensforschungsinstitut BICC (Bonn International Center for Conversion) und Experte für das iranische Nuklearprogramm. Die USA seien als erste aus dem Abkommen ausgestiegen und hätten den Vertrag gebrochen. Ganz ähnlich sieht auch die iranische Regierung die Situation. Außenminister Mohammed Sarif hatte kürzlich an Biden appelliert, die Strafmaßnahmen gegen sein Land aufzuheben. Er wiederholte erneut, dass der Iran in diesem Fall seine Verpflichtungen aus dem Abkommen wieder »komplett« einhalten werde. Auch hier erhält der Iran Rückendeckung aus Moskau. Ein Ende der US-Sanktionen sei Vorbedingung dafür, dass sich Teheran wieder an die Auflagen des Abkommens halte, sagte der russische Außenminister Sergej Lawrow bei einem Treffen mit Sarif in Moskau.
Die neue US-Administration unter Biden will sich jedoch nicht locken lassen. Die Regierung werde zuerst Konsultationen mit ihren internationalen Verbündeten sowie dem Kongress führen, erklärte der Sprecher des Außenministeriums, Ned Price. Erst danach werde »der Punkt erreicht, an dem wir in direkten Kontakt mit den Iranern treten« können. In Washington haben die Verantwortlichen also keine Eile. Sie schießen den Ball zurück auf die iranische Seite und verlangen, dass der Iran zuerst seine Verpflichtungen aus dem Abkommen von 2015 wieder voll erfüllt, ehe die USA dies tun würden.
Der Iran hat vor einiger Zeit mit dem Aufbau einer Drohkulisse begonnen und die Uran-Anreicherung vertragswidrig wieder aufgenommen. Dies sei ein »Druckmittel für die Verhandlungen«, sagt Jerry Sommer. »Daraus kann ich aber nicht schlussfolgern, dass der Iran eine Atombombe bauen will.« Die US-Regierung lässt sich Zeit. Die hat der Iran aber nicht aufgrund der durch die Sanktionen verursachten Wirtschaftskrise, die die Bevölkerung noch tiefer ins Elend gestoßen hat. Und im Juni wird ein neuer Staatspräsident gewählt. Wenn Präsident Ruhani bis dahin keinen Verhandlungserfolg nach Hause bringt, dann dürfte der nächste Präsident ein Erzkonservativer sein. Irans Außenminister Sarif hat nun eine Vermittlung durch die EU ins Spiel gebracht. Diese führe nach eigenen Angaben bereits Gespräche über Lockerungen der Sanktionen. Bislang haben die Europäer bei Vermittlungen im Atomabkommen jedoch nie viel zustande gebracht.
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