Zusammen stark

Feminismus muss antikapitalistisch sein, findet Jana Frielinghaus

Gerade in den Geschlechterverhältnissen zeigt sich das Integrationsgenie des Kapitalismus, der das Prinzip »Teile und herrsche« zur Perfektion gebracht hat. Da gibt es einerseits all diese Fortschritte, die nicht zu unterschätzen sind – und zugleich das System stabilisieren: Quoten in den Vorstandsetagen, mehr migrantische Frauen und korrektes Gendern in Funk und Fernsehen, Startups mit maximal »diversen« Belegschaften, Firmen, die Werbeclips mit feministischer Botschaft produzieren. Andererseits hält uns die Auseinandersetzung mit Leuten auf Trab, die nicht auf der Höhe der Zeit sind: transfeindliche alte weiße Feministinnen, cis-Frauen, die nicht ausreichend ihre Privilegiertheit reflektieren und falsche Pronomen benutzen.

Sehr ärgerlich, aber über all dem lässt sich leicht die Reinigungskraft im Hotel ohne Pass, die Kassiererin im Supermarkt, die Paketzustellerin, der Packer im Versandzentrum, der Leiharbeiter in der Autoindustrie, aber auch die befristet beschäftigte, für Teilzeit bezahlte aber in Vollzeit schuftende Akademikerin vergessen, denen die genannten Fortschritte real so wenig nützen wie diskriminierungsfreie Sprache. Und es lässt sich auch leicht aus dem Blick verlieren, dass Mutterschaft jenes »Handicap« ist, das die Lohnlücke am meisten vergrößert, dass Trennung vom Partner vor allem für Mütter ein Armutsrisiko ist. Nach wie vor sind es vor allem ökonomische Gegebenheiten, die Ungleichheit, Abhängigkeiten und Gewaltverhältnisse reproduzieren. Diejenigen, die den miesesten Lohn erhalten, egal welchen Geschlechts, leiden am meisten unter ihnen. Gerade linker Feminismus muss deshalb vor allem die Verhältnisse angreifen, die Menschen in prekäre Jobs, zur Migration und in überholte Rollenmodelle zwingen, die Abhängigkeiten und damit Gewaltverhältnisse reproduzieren. Er taugt nur etwas, wenn er antikapitalistisch ist, auch und gerade am Frauenkampftag.

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