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Weckruf über Europa hinaus

Delegation der zapatistischen Befreiungsarmee will Alte Welt bewegen

  • Luz Kerkeling
  • Lesedauer: 3 Min.

»Es geht nicht um Vorwürfe. Es geht um eine ›Invasion‹, um Leben zu säen, um zu verstehen, dass der Kapitalismus in uns eingedrungen ist und dass wir alle aufwachen müssen. Hoffentlich wachen sogar auch die Reichen auf, aber wenn sie es nicht kapieren, ist es ihre Sache.« So brachte Subcomandante Moisés mit ironischen Untertönen die Zielsetzung der ersten nach Europa reisenden Delegation der zapatistischen Befreiungsbewegung EZLN auf den Punkt. Moisés ist Sprecher und politisch-militärisch Verantwortlicher der Bewegung und begleitete die Delegation bis auf das Schiff - reiste selbst aber nicht mit.

Am späten Nachmittag des 2. Mai ist unter Begleitung sozialer Aktivist*innen und unter großer medialer Begleitung eine »Vorhut« der indigen geprägten, linksgerichteten EZLN von der Isla de Mujeres in der mexikanischen Karibik aus Richtung Europa in See gestochen.

Spaß und Verantwortung

Olga Hohmann versteht nicht, was Arbeit ist und versucht, es täglich herauszufinden. In ihrem ortlosen Office sitzend, erkundet sie ihre Biografie und amüsiert sich über die eigenen Neurosen. dasnd.de/hohmann

Ihre erste Delegation bezeichnen die Zapatistas als »Geschwader 421«, da sie aus vier Frauen, zwei Männern und einer »unoa otroa« (dt. in etwa: eine Person anderen Geschlechts) besteht. Ab Juli folgen weitere Delegierte, so dass die Gesamtgruppe 160 Personen umfassen wird, die das Mandat der rund 1000 zapatistischen Gemeinden aus Chiapas, Mexiko, innehaben. 1994 hatte sich die sozialrevolutionäre Bewegung unter dem Motto »Land und Freiheit!« gegen Ausbeutung, Naturzerstörung, Patriarchat und Rassismus erhoben.

Ziel der Reise sind 30 europäische Länder, um dort Treffen mit außerparlamentarischen linken Gruppen und Organisationen durchzuführen. Das Transportmittel ist ein Segelschiff, das bis dato unter dem Namen »Stahlratte« firmierte und 1903 in den Niederlanden gebaut wurde. Die Zapatistas haben es in »La Montaña« (dt.: Der Berg) umbenannt, um poetisch, humorvoll und politisch konsequent zu symbolisieren, dass die dominierenden Zustände auf der Welt auf den Kopf gestellt werden sollten. Zielhafen ist Vigo in der autonomen Gemeinschaft Galicien in Nordspanien. Dort wird die Gruppe »421« der EZLN die weitere Delegationsreise mit Aktivist*innen aus vielen Ländern Europas vorbereiten. Subcomandante Moisés beschrieb dieses Vorhaben so: »Unsere Delegierten tragen ein großes Herz mit sich. Nicht nur, um diejenigen zu umarmen, die auf dem europäischen Kontinent rebellieren und Widerstand leisten, sondern auch, um von ihren Geschichten, Geografien, Kalendern sowie ihren Arten und Weisen zu lernen.«

Thematisch wird es neben dem antipatriarchal-feministischen Schwerpunkt der Reise auch um antifaschistische, antikapitalistische, antimilitaristische, antirassistische, internationalistische und umweltrelevante Themen sowie um das Kennenlernen ökologisch-solidarischer Projekte gehen. So sind beispielsweise Besuche von Projekten der solidarischen Landwirtschaft geplant.

Zudem soll eine Kundgebung in der Nähe des Konzernsitzes von Bayer-Monsanto stattfinden, um die menschen- und umweltverachtende Praxis des Unternehmens anzuprangern. Rigo Albores von der unabhängigen Organisation Desmi aus Chiapas findet klare Worte zu dem Thema: »Raus mit Bayer und seinen Giften aus den bäuerlichen Gemeinden Mexikos und der Welt! Es lebe die traditionelle bäuerliche Landwirtschaft und der Besitz von heimischem Saatgut in bäuerlicher Hand! Wir umarmen solidarisch alle, die überall auf der Welt für die Verteidigung von Mutter Erde, unserer Territorien und Körper kämpfen!«

Die Vorbereitung der Reise in Europa und Deutschland skizziert Ruth Schmidt vom bundesweiten Ya-Basta-Netz so: »Es gibt zahlreiche Mobilisierungsveranstaltungen. Die EZLN hat schon jetzt dafür gesorgt, dass sich viele emanzipatorische Kämpfe überhaupt kennengelernt und stark miteinander vernetzt haben. Das ist eine deutliche Stärkung der außerparlamentarischen Linken, die wir wirklich schon lange nicht mehr erlebt haben.«

Es gibt allerdings auch Sorgen, dass europäische und nationale Behörden im Kontext der Reise Probleme bereiten könnten. Daher bereiten sich die Aktivist*innen intensiv auf mögliche Szenarien von Einreiseverboten, Repression oder Übergriffen auf die Delegation vor.

Aktuelle Infos: www.ya-basta-netz.org

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