Kein Land in Sicht

Ehemalige Sklaven erhielten nie eine Entschädigung

  • Max Böhnel
  • Lesedauer: 2 Min.

Entschädigungen für die Nachkommen von Millionen versklavter Menschen sind seit vielen Jahren Thema in den USA. Afroamerikaner erhoben die bislang unerfüllte Forderung schon seit dem Ende der Sklaverei im Jahr 1865. Nach dem amerikanischen Bürgerkrieg war im US-Kongress das Versprechen »Forty Acres and a Mule« - 40 Morgen Land und ein Maulesel pro Familie - gemacht worden. Doch der Entwurf, der vier Millionen Ex-Sklaven Ackerland zusprach, fand keine Mehrheit. Präsident Andrew Johnson gab das beschlagnahmte Land den ehemaligen Plantagenbesitzern wieder zurück.

Die Forderung nach Reparationen aber blieb. Sie gab es allen schwarzen Befreiungsbewegungen in den USA. In den 1920er- und 1930er-Jahren, als sich unter Marcus Garvey die »Back to Africa«-Bewegung formierte, ebenso wie in den 1960er-Jahren, als die Black Panther Party in den Großstädten Gratis-Frühstücksprogramme für in Armut lebende Schulkinder und Kliniken zur freien Behandlung schuf.

Schwarze waren immer in den USA benachteiligt. Martin Luther King machte darauf aufmerksam, dass die Afroamerikaner beim Kampf um Gleichberechtigung auf sich selbst gestellt, dazu aber ohne entsprechende Mittel hilflos seien.

Erst 1989 fand die Forderung nach Entschädigungsleistungen wieder ihren Weg in den US-Kongress zurück. Es war der demokratische Abgeordnete John Conyers, der seinen bescheidenen Entwurf Jahr für Jahr bis zu seinem Ausscheiden 2017 einbrachte. Obwohl Conyers nichts anderes vorschlug als die Einrichtung einer »Kommission zur Studie und Entwicklung von Vorschlägen für Entschädigung«, wurde eine Debatte, geschweige denn eine Abstimmung immer wieder abgelehnt.

Als erster Präsident bezog Bill Clinton bei einer Afrikareise 1998 in Senegal dazu Stellung, ohne jedoch eine formelle Entschuldigung abzugeben. Auch unter Barack Obama, dem ersten afroamerikanischen Präsidenten, wurde das Thema ausgespart. Stattdessen ging die Rede vom »postrassistischen Zeitalter« um. Erst dem afroamerikanischen Journalisten und Buchautor Ta-Nehisi Coates gelang am Ende der Obama-Amtszeit 2018 mit seinem »Plädoyer für Reparationen«, die Diskussion wiederzubeleben.

Im Wahlkampf 2020 sprachen sich die meisten Präsidentschaftskandidaten der Demokraten für eine Prüfung von Reparationszahlungen aus. Im Kongress sind so viele Abgeordnete wie nie zuvor für die Einrichtung einer Reparationskommission, allerdings haben sie keine Mehrheit.

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