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Milliardäre in der Schwebe

SIEBEN TAGE, SIEBEN NÄCHTE: Über Reichtum und wie er zu verwenden ist

Oink, oink / Ab ins Raumfahrtzentrum / Und ’ne Rakete klau’n», sang die Band Grobschnitt Anfang der 80er Jahre in ihrem Lied «Schweine im Weltall». Während besagte Schweine die Rakete noch klauen mussten, haben die Superreichen der Welt einen anderen Weg gefunden: Sie kaufen sich eine. Diesen Sonntag will Richard Branson (Vermögen 7500 Millionen Dollar) mit seiner «Virgin Galactic» starten. Umstritten ist noch, ob er damit der erste Multimillionär im Weltraum sein wird. Denn Branson fliegt nur 80 Kilometer hoch, also laut offizieller Definition bloß bis vor die Haustür des Alls. Am 20. Juli folgt dann Amazon-Gründer Jeff Bezos (210 000 Millionen Dollar), der es wirklich über die Grenze der Erde schafft.

Bezos wie auch Branson planen, ein Weltraumtourismus-Business aufzuziehen, und zwar für Leute wie sie: Branson hat bereits 600 Kunden, die jeweils eine Viertelmillion Dollar fürs Ticket hinlegen. Ein anonymer Begleiter von Bezos hat 28 Millionen gezahlt, um ein paar Minuten Schwerelosigkeit zu erleben. Die Flüge «werden nichts zum wissenschaftlichen Fortschritt beitragen, es sei denn, sie kreieren einen neuen Maßstab dafür, wie lange man braucht, Geld zu verbrennen, wenn man mehr davon hat, als man je brauchen wird», schreibt die Zeitung «LA Times». Der dritte im Weltraumbunde, Tesla-Gründer Elon Musk (180 000 Millionen Dollar), hat sich noch nicht dazu geäußert, ob er selbst ins All fliegt. Doch mit seinem Unternehmen SpaceX will er immerhin auf lange Sicht den Mars besiedeln.

Diese Pläne nähren den Verdacht, die Reichen suchten sich einen sicheren Platz ohne Wetter, während der Klimawandel die Erde ruiniert. Dem widerspricht US-Umweltjournalist*in Sim Kern auf Twitter: Zum einen brauchen Weltraumreisende die Erde. «Die Menschen auf der ISS-Station können nur existieren, weil zu Hause Tausende von Ingenieuren, Ärzten und Astrophysikern dafür sorgen, dass sie am Leben bleiben.»

Dieses Leben sei zudem wenig komfortabel, denn «es findet in einer engen Röhre statt, in der sich fünf Menschen drängen, die monatelang nicht baden können». Man schläft «in einer Art schwebendem Sarg», jeder Klogang bestehe aus einer Prozedur aus 20 Schritten, und das «Essen verdient keinen Michelin-Stern». Die Zeit auf der ISS sei gefüllt mit Reparaturen, weil das Equipment ständig kaputt geht, denn: «DAS ALL WILL DICH TÖTEN». Die Schwerelosigkeit schädige Herz und Muskeln, ohne ständige Übungen «werden die Knochen zu Glibber».

Auch für die Superreichen bietet das All also kein Refugium. Doch findet Kern das kaum tröstlich: «Die Welt geht in Flammen auf, und unsere Milliardäre sind jene, die dafür die meiste Verantwortung tragen.» Ihre Weltraumflüge würden aus einem Reichtum finanziert, «der von Arbeiter*innen produziert wurde, die um ihre Existenz kämpfen. Wir sollten den Reichtum zurückholen und besser verwenden.» Stephan Kaufmann

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