Offene Distanzierung vom Kanzlerkandidaten

Steuerstreit der Unionsparteien - CSU fordert auf Klausur erneut schnelle Steuersenkungen für Unternehmen

In den Unionsparteien wird derzeit auf offener Bühne wieder einmal eine Kontroverse ausgetragen. CSU-Chef Markus Söder und Landesgruppenchef Alexander Dobrindt bekräftigten am Mittwoch vor Beginn der Klausur der Partei im Kloster Seeon ihre Forderung nach Steuerentlastungen für Unternehmen und Wohlhabende.

Das stehe so »schwarz auf weiß« im gemeinsamen Wahlprogramm, auf das sich CDU und CSU geeinigt hätten, sagte Söder. Es sei »Zeit für einen steuerpolitischen Aufbruch in Deutschland«. Es sei »bürgerliche Philosophie« zu »entlasten und damit einen Anschub« zu geben. Als Beispiele nannte der bayerische Ministerpräsident den vollständigen Abbau des Solidaritätszuschlages, die Senkung der Unternehmenssteuern sowie Abschreibungsmöglichkeiten etwa für Investitionen in den Klimaschutz. Es gehe jetzt darum, einen »Turbo« für die deutsche Wirtschaft zu zünden. Dobrindt betonte: »CDU und CSU gehören zum Team Entlastung.«

Laschet, der an diesem Donnerstag in Seeon erwartet wird, hatte dagegen am Sonntag in der ARD mit Blick auf die pandemiebedingten Konjunktur- und Hilfsprogramme erklärt, dass er »im Moment« keinen Spielraum für Steuererleichterungen sehe. Im Wahlprogramm der Unionsparteien stehe »keine einzige Steuerentlastung drin«, hatte der Kanzlerkandidat betont. Danach hatte Friedrich Merz, der sich auch um die Kanzlerkandidatur beworben hatte, im Deutschlandfunk zwar die Steuersenkungspläne des Programms verteidigt, aber ebenfalls eingeräumt, er sehe »zur Zeit keine Spielräume« dafür. Söder erklärte nun, man werde die Debatten der letzten Tage »gut lösen«. Er räumte ein, dass nach der Wahl zunächst eine »Eröffnungsbilanz« erstellt werden müsse. »Finanzielle Solidität« müsse Basis aller Entscheidungen sein. Man müsse schrittweise vorgehen. Eine Entlastung von Mittelstand und Handwerk habe »Top-Priorität«.

Im Wahlprogramm ist festgehalten, dass der Solidaritätszuschlag »für alle schrittweise« abgeschafft und »kleine und mittlere Einkommen bei der Einkommensteuer« entlastet werden sollen. Es wird dafür jedoch kein Zeitrahmen genannt. Die Soli-Abschaffung würde nur für die Wohlhabendsten weiter entlasten, da die Abgabe für 90 Prozent der Bürger bereits in dieser Legislaturperiode abgeschafft wurde. Dies gilt seit Jahresbeginn.

Im Programm ist auch festgehalten, dass die Steuerlast für Unternehmensgewinne »perspektivisch auf 25 Prozent« gedeckelt werden soll. Momentan liegt sie im Schnitt bei etwa 29 Prozent. Zugleich wollen die Unionsparteien einer Vermögensteuer oder höheren Erbschaftssteuern entschieden entgegentreten. Nach einer Berechnung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung würden sich die Einnahmeausfälle für den Staat bei Umsetzung der Unionspläne auf mindestens 30 Milliarden Euro jährlich summieren.

DGB-Chef Reiner Hoffmann kritisierte die Steuerpläne von CDU und CSU unterdessen scharf. »Völliger Unfug ist es, den Soli jetzt auch für Topverdiener abschaffen zu wollen«, sagte Hoffmann der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Allein dadurch würden dem Staat zehn Milliarden Euro an Einnahmen entgehen, »die dringend für Investitionen benötigt werden«. Dabei sei der Investitionsstau schon vor der Corona-Pandemie enorm gewesen, betonte der Vorsitzende des Dachverbandes der Gewerkschaften. Wegen der Pandemie habe er sich nochmals erhöht. »Es ist höchste Zeit für massive private und öffentliche Investitionen, schon allein wegen der Dekarbonisierung, die wir in Deutschland jetzt schaffen müssen«, sagte Hoffmann. Dafür sei die Abschaffung der Schuldenbremse nötig. Wegen der Coronakrise hatte der Bundestag das Verbot einer Nettoneuverschuldung des Staates für dieses und das vergangene Jahr aufgehoben.

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Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) hatte dafür geworben, für einige weitere Jahre eine Neuverschuldung zu ermöglichen. Laschet hatte dies aber abgelehnt.

Hoffmann betonte, auch der DGB sei für Steuererleichterungen, »allerdings für untere und mittlere Einkommen«. Reiche und Superreiche müssten dagegen mehr zum Gemeinwesen beitragen, unter anderem durch eine Vermögenssteuer und eine Erbschaftssteuer, »die verhindert, dass wir in eine Erbendynastie hineinlaufen«. Mit Agenturen

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