Quartier ohne Anschluss

Neubauprojekt Waterkant wächst schneller als die umliegende Infrastruktur

  • Aina Kaufmann
  • Lesedauer: 3 Min.

»Wenn nicht hier, wo dann?« lobt Snezana Michaelis, Mitglied des Vorstands der Landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft Gewobag, den Standort des neuen Quatiers »Waterkant Berlin«. Michaelis steht am Montagmorgen an der Uferpromenade an der Havel in Spandau. In Begleitung des Senators für Stadtentwicklung und Wohnen, Sebastian Scheel (Linke) und von Bezirksbürgermeister Helmut Kleebank (SPD) beginnt der Quartiersrundgang an der Waterkant Berlin. Gemeinsam mit der Wohnungsbaugesellschaft Berlin-Mitte mbH (WBM) will die Gewobag hier 2000 bezahlbare Wohnungen bis Ende 2025 verwirklichen.

Der Rundgang führt von der Wasserstadtbrücke bis hin zur Spandauer-See-Brücke. Abschließbare Fahrradgaragen, grün bepflanzte Innenhöfe und Spielplätze schmücken die noch größtenteils leer stehenden Gebäude. Der neue Stadtteil wird mithilfe von Fördergeldern gebaut. Die Hälfte der Wohnungen soll Geringverdiener*innen mit Wohnungsberechtigungsschein zur Verfügung gestellt werden. Der Wohnungsbau komme dabei schneller voran als die »Sozialinfrastruktur« und »verkehrliche Erschließung«, erklärt Michaelis. Geplant sei ein langfristiger Mietvertrag für Rewe sowie Platz für Gewerbe. »Es muss weitere Angebote für geteilte Mobilität geben«, sagt Michaelis. Bekanntlich ist der ÖPNV-Anschluss für Spandau nicht ausreichend. Nicht nur beim Ausbau der Siemensbahn gibt es immer wieder Schwierigkeiten, auch beim Straßenbahnausbau gibt es Verzögerungen.

Auch Sebastian Scheel ist besorgt über die hinterhinkende Verkehrsplanung. »Wir kommen hier an Grenzen.« Als Alternative zur ÖPNV-Verkehrsanbindung soll die Mobilität mithilfe eines Jelbi Hubs verbessert werden. An der Mobilitätsstation gibt es Sharing-Angebote für Roller, Fahrräder und Autos. 50 Euro Startguthaben sollen die Bewohner*innen des Waterkant-Quartiers für das Angebot der Mobilitäts-App bekommen. Ob das ausreicht, bis die geplante Straßenbahn fertiggestellt ist, ist fraglich.

Auch ein neues Heizkraftwerk soll gebaut werden. »Da könnte man einen schönen Club draus machen«, witzelt Sebastian Scheel angesichts der entstehenden Räumlichkeiten. »Da geht dem Techniker das Herz auf«, meint Karsten Mitzinger, Geschäftsführer der Gewobag ED Energie- und Dienstleistungsgesellschaft mbH. Die Direktvermarktung des Stroms würde allerdings alles etwas verkomplizieren, so Mitzinger. Die Ausgleichszahlung an Anlagenbetreiber sei im Erneuerbare-Energien-Gesetz festgelegt worden und müsse nun direkt an der Börse vermarktet werden.

»Man bekommt Lust herzuziehen«, meint Serkan Budak, Besitzer des Familienunternehmens, das seit sechs Monaten eine Bäckerei und einen Spätverkauf an dem neuen Gebäudekomplex betreibt. Auch er habe sich schon für eine der neuen Wohnungen beworben. Nicht alle Gewerbebetreibenden hatten so viel Glück wie Budak. Von dem Dach des neuen Heizkraftwerks blickt man über die Straße auf leere Flächen. Früher gab es hier an der Havel mehrere Gewerbetreibende, sie erhielten jedoch einen Räumungsbeschluss und mussten schließen. Viele hatten sich gegen ihren Räumungsbescheid gewehrt - und verloren. »Es war allen bewusst, dass sie nicht uneingeschränkt diese Gewerbefläche nutzen können«, sagt Gerald Schulze, Mitarbeiter der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen zu »nd«. Die Mietpreise seien nicht ohne Grund so niedrig gewesen.

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