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Diesmal darf Albanese an der FU Berlin agitieren
Umstrittene UN-Berichterstatterin Francesca Albanese soll an der FU auftreten
Sie ist wieder da: Die umstrittene UN-Sonderberichterstatterin Francesca Albanese soll am Mittwoch an der Freien Universität auftreten. Sie soll einen zehnminütigen Vortrag bei einem Workshop unter dem Titel »Forensic and Counter-Forensic Approaches to Reconstructing International Law – A Cartography and Anatomy of Genocide« halten. Veranstalter ist die Europäische Gesellschaft für internationales Recht.
Jüdische Organisationen kritisieren den geplanten Vortrag scharf. »Francesca Albanese ist in der Vergangenheit mehrfach durch antisemitische Äußerungen aufgefallen«, heißt es in einem offenen Brief des Netzwerks Jüdischer Hochschullehrender und der Jüdischen Studierendenunion Deutschland. »Wir sind entsetzt, dass unter dem Deckmantel eines wissenschaftlichen Workshops hier eine antiisraelische Propagandaveranstaltung stattfinden soll.« Die Unterzeichner verlangen, dass Albanese wieder ausgeladen werden soll.
Die italienische Juristin Albanese ist seit 2022 ehrenamtliche Sonderberichterstatterin der Vereinten Nationen für die palästinensischen Gebiete. Schon vor Beginn des aktuellen Krieges in Gaza warf sie Israel einen Völkermord an den Palästinensern vor, mit steigenden Opferzahlen in Gaza verschärfte sie diese Rhetorik immer weiter. Die israelische Regierung, diverse Antisemitismusforscher und jüdische Organisationen kritisieren ihre Berichte als einseitig.
Hinzu kommt eine Reihe von Äußerungen, die mit »kontrovers« freundlich umschrieben werden. So behauptete sie 2014, die Regierung der USA sei von einer »jüdischen Lobby« unterjocht und Europa werde von einem »Schuldgefühl für den Holocaust« unterdrückt. Später korrigierte sie, von proisraelischen Lobbyorganisationen gesprochen haben zu wollen. Kurz nach ihrem Amtsantritt trat sie per Videoschalte bei einer von der Hamas und dem Islamischen Dschihad organisierten Konferenz im Gazastreifen auf und sagte dort: »Ihr habt ein Recht, Widerstand gegen diese Besetzung zu leisten.« Erst im August sagte sie über die Hamas, die beim Massaker am 7. Oktober 2023 rund 1200 Menschen tötete und 250 weitere als Geiseln verschleppte, diese dürfe nicht als »Halsabschneider« bezeichnet werden.
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Trotz – oder wegen – derartiger Aussagen genießt Albanese im propalästinensischen Milieu hohes Ansehen. Bereits im Februar hatte es einen Versuch gegeben, sie zu einem Vortrag an die FU einzuladen. Die Universität entschied, ihr den Raum zu entziehen und die Veranstaltung nur online stattfinden zu lassen. Albanese hielt daraufhin unter großem Andrang einen Vortrag in Räumlichkeiten der Tageszeitung »Junge Welt«.
Die Europäische Gesellschaft für internationales Recht als Veranstalter reagierte nicht auf eine nd-Anfrage. Gegenüber der britischen Zeitung »The Jewish Chronicle« erklärte der Verband, dass man sich »akademischer Freiheit und offener wissenschaftlicher Debatte« verpflichtet fühle. »Unsere Aufgabe ist es, Räume zu sichern, um Debatten über komplexe Perspektiven zu ermöglichen«, heißt es weiter. Die Organisation machte keine Angaben dazu, ob Albanese ein Honorar gezahlt wird oder ihre Kosten übernommen werden.
Gegenüber »nd« verweist ein FU-Sprecher auf die grundgesetzliche Wissenschaftsfreiheit. »Dazu gehört auch, dass Forschende eigenständig über Themen, Formate und Gäste wissenschaftlicher Veranstaltungen entscheiden können.« Die FU sei nicht die Veranstalterin der Konferenz und bewerte nicht die Positionen der eingeladenen Personen.
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