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Vonovia hat sich verzockt
Deutsche-Wohnen-Übernahme voraussichtlich am Widerstand der Aktionär*innen gescheitert
Für Rolf Buch war der Sündenbock schnell ausgemacht: »Man kann es so interpretieren, dass wir an den Hedgefonds gescheitert sind«, sagte der Vonovia-Chef in einem Interview mit dem »Handelsblatt« (Samstagausgabe), das in seiner Ausführlichkeit und Schnelligkeit wirkt, als ob es schon einige Tage zuvor eingefädelt worden sei. Denn erst am Freitag teilte der Immobilienkonzern mit, dass die Übernahme der Deutschen Wohnen (DW) - mal wieder - gescheitert sei. Die Anteilseigner*innen von lediglich 47,62 Prozent der DW-Aktien gaben dafür ihr okay, notwendig wären 50 Prozent gewesen.
Damit scheiterte vorerst der dritte Anlauf zur Übernahme der Nummer 2 auf dem Wohnungsmarkt durch die Nummer 1. Im Herbst 2015 versuchte Vonovia eine feindliche Übernahme. DW-Vorstand und Aufsichtsrat wehrten das ab. Vonovia legte den DW-Aktionär*innen daraufhin ein offizielles Übernahmeangebot vor. Doch das scheiterte, da die Halter*innen von lediglich 30 Prozent der DW-Aktien es annahmen.
Diesmal hatte Vonovia das DW-Managment auf seiner Seite. »Wir haben das Angebot der Vonovia unterstützt und uns für einen partnerschaftlichen Zusammenschluss ausgesprochen«, verlautbarte Deutsche-Wohnen-Chef Michael Zahn am Freitagnachmittag. Gemeinsam hätten sich die Herausforderungen auf dem Immobilienmarkt noch besser schultern lassen. Gemeinsam hätten sie hierzulande über eine halbe Million Wohnungen besessen und wären damit der größte europäische Wohnungskonzern geworden. Vonovia wollte dafür rund 52 Euro pro DW-Aktie zahlen. Insgesamt hätte das einen Kaufpreis von 18 Milliarden Euro gemacht.
Doch was des einen Leid, ist des anderen Freud: »Das Scheitern der Fusion von Vonovia und Deutsche Wohnen ist nicht die schlechteste Nachricht! Wir brauchen keinen Wohnungsriesen. Wir brauchen gar keinen Wohnungen an der Börse«, kommentierte die stellvertretende Vorsitzende der Linkspartei im Bundestag, Caren Lay, auf Twitter.
Auch für Ralf Hoffrogge, Sprecher der Initiative Deutsche Wohnen & Co. enteignen zeigt der Vorgang, dass Berlin seine Wohnungspolitik auf keinen Fall »den Launen der Dax-Konzerne überlassen« dürfe. Denn alleine die Deutsche Wohnen besitzt in Berlin knapp 115 000 Wohnungen und trägt nach Ansicht ihrer Kritiker*innen zur immer angespannteren Lage auf dem Wohnungsmarkt bei. »Vergesellschaftung ist und bleibt die einzig stabile Antwort auf die Wohnungskrise«, so Hoffrogge zu »nd«. Die Initiative hat erreicht, dass die Berliner*innen am 26. September in einem Volksentscheid über die Enteignung großer Immobilienkonzerne abstimmen können. Für Hoffrogge ist die geplatzte Fusion unter anderem auch eine Blamage für Berlins Regierenden Bürgermeister Michael Müller und dessen Finanzsenator Matthias Kollatz (beide SPD), »die einen Sozial- und Zukunftspakt mit dem Branchenriesen versprochen hatten - inklusive Rückkauf von 20 000 Wohnungen«. So teilte Kollatz am Samstag mit, dass man dem Kauf der Wohnungen der Wohnungen weiter offen gegenüberstehe.
Der Grund für das Scheitern der Übernahme liegt laut Vonovia-Chef Buch an der Aktionär*innenstruktur der DW. Ihm zufolge hielten sogenannte Indexfonds zuletzt rund 20 Prozent der Anteile. Diese Fonds dürfen meist nicht aktiv in solche Übernahmegeschehen eingreifen, sie verkaufen ihre Anteile erst, wenn eine Fusion unter den übrigen Aktionär*innen bereits beschlossene Sache ist. Dies liegt darin, dass diese Fonds meist passiv sind. Das heißt, dass die Verwalter*innen mit dem Vermögen des Fonds nicht zocken, sondern stur einen Index an unterschiedlichen Aktien abbilden. Die meisten kleineren Aktionär*innen, die zuletzt rund die Hälfte der Aktien besaßen, hatten offenbar direkt an Vonovia verkauft. So waren für Buch die Hedgefonds und Investmentbanken, die seinen Angaben zufolge zuletzt rund 30 Prozent hielten, ausschlaggebend für seinen Misserfolg: »Das sind Investoren, die gekauft haben, um bei der Übernahme eine Arbitrage einzustreichen und die hoffen, dass es nachher ein besseres Angebot, etwa im Rahmen von nachfolgenden Integrationsmaßnahmen, gibt.« Da hätten sich offenbar »ein paar Finanzinvestoren in London verrechnet«, ätzte Buch.
Ob diese Akteur*innen sich verrechnet haben, sei dahin gestellt. Schaut man sich die DW-Pflichtmeldungen zu ihrer Aktionärsstruktur der vergangenen Tage an, sieht man auf jeden Fall, dass manch eine Großbank ihr Portfolio aufgestockt hat, das sie häufig treuhänderisch für Hedgefonds hält. Demnach stockte zum Beispiel Goldman Sachs auf 6,25, JPMorgan Chase auf 7,48 und die Citigroup auf 4,16 Prozent auf. Zwar verkaufte die Schweizer Großbank UBS zuletzt einige ihrer Aktien, behielt aber zuletzt noch 3,77 Prozent der Stimmrechte. So sind Beobachter der Ansicht, dass Vonovia sein Übernahmeangebot schlecht kommuniziert habe, denn die Fonds hätten trotz der Übernahmeprämie lieber abgewartet. Vonovia-Chef Buch gab jedenfalls an, dass es »die Aufgabe der Banken« gewesen sei, das Gespräch mit den Hedgefonds zu suchen.
Wie es nun weitergeht, will Vonovia prüfen. Einen neuen Anlauf schloss Buch nicht aus. Zunächst wollte er aber erst mal nach Gütersloh nach Hause und dort seiner Frau »Bericht erstatten«.
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