Die Stones schauten überrascht zu

Zum Tode des Bassisten Dusty Hill der Rock’n Roll-Band ZZ Top

  • Thomas Grossman
  • Lesedauer: 4 Min.

Sie sind bekannt für ihren texanischen Gitarren-Blues, für ihre Sonnenbrillen und ihre Stetson-Hüte und dafür, dass sie auf der Bühne ihre Gitarren kreiseln lassen. Aber auch dafür, dass zwei der drei Musiker von ZZ Top, Billy Gibbons und Dusty Hill, ellenlange spitze Bärte trugen. Nur der Drummer hat lediglich einen Schnauzer - und ausgerechnet er heißt Frank Beard (dt. Bart). Und noch etwas Kurioses wäre zu ergänzen: 1985 bot die Rasierzubehör-Firma Gillette für eine Werbekampagne Gibbons und Hill eine Million Dollar, wenn sie sich die Bärte abschneiden ließen. Doch die sagten: Nein!

Am vergangenen Mittwoch ist Dusty Hill in seiner Heimatstadt Houston (Texas) im Alter von 72 Jahren im wahrsten Sinn des Wortes friedlich eingeschlafen. Billy Gibbons und Frank Beard ließen zum Tod des Freundes verlauten: »Wir werden - wie Millionen Fans auf der ganzen Welt - deine beständige Präsenz, dein positives Naturell und dein Engagement, ZZ Top eine monumentale Grundlage zu schaffen, vermissen.«

ZZ Top waren - vor allem in den USA - eine der populärsten Bands der 80er Jahre, verkauften mit ihrer Mischung aus Boogie, Southern Rock und Blues millionenfach Alben und füllten Hunderte Stadien. Hill spielte den Bass und meinte vor Jahren einmal etwas melancholisch: »Manchmal hört man den Bass nicht mal. Ich hasse das und liebe das, denn das heißt, dass man alles ausfüllt und das es richtig für den Song ist und man nicht herausragt, wo es nicht nötig ist.« Die drei Musiker waren ein eingespieltes Team, keiner versuchte den anderen auszubooten oder zu überflügeln.

Joseph Michael Hill wurde am 19. Mai 1949 in Dallas geboren. Er begann seine Musikkarriere als Sänger und spielte zunächst Cello. Als er 13 war, brauchte sein gleichfalls musisch talentierter Bruder, ein Gitarrist, für seine Gruppe einen Bassisten. Und so lag eines Tages auf dem Bett von Joseph Michael ein Bass. Noch am selben Abend bestritt er seinen ersten Auftritt: »Es war nicht so toll, doch Peinlichkeit ist ein großer Motivator«, erinnerte er sich später, als er weltweit als Dusty Hill bekannt war. Er war nicht der erste Bassist bei ZZ Top, stieß aber bereits zur Band, bevor diese - 1971 - ihr Debüt veröffentlichte. Zwei Jahre später gelang ihr mit dem dritten Album »Tres Hombres«, insbesondere dank der Single »La Grange«, der Durchbruch und eine Platzierung in den Billboard-Top 10. Im gleichen Jahr durfte sie in Hawaii ein Konzert der Rolling Stones eröffnen. Hill dazu stolz: »Die Kiefer der Zuhörer fielen runter und sie schrien, wollten eine Zugabe, während die Stones von hinten zuschauten.«.

Ende der 70er nahmen die Musiker eine dreijährige Auszeit; Hill arbeitete auf dem Flughafen von Dallas. Und wurde natürlich erkannt. Fragen, ob er denn nicht Dusty von ZZ Top wäre, schmetterte er jedoch ab: »Würde ich dann hier arbeiten?« Ab 1979 spielte Hill auch Keyboards. 1983, mit dem Album »Eliminator«, das sich 14 Millionen mal verkaufte, sowie Hits wie »Gimme All Your Lovin’« und »Legs« wurden die Drei von ZZ Top zu absoluten Superstars. Nachfolger »Afterburner« ging über sechs Millionen mal über die Ladentische. In den folgenden Jahrzehnten waren ZZ Top vor allem als Live-Band gefragt. 2004 führte sie Rolling Stone Keith Richards in die Rock ’n’ Roll- Hall of Fame ein.

Dusty Hill, ein Autonarr, war der eher ruhige, gelassen Typ in der Band. Er überließ zumeist Gibbons die Interviews. Das Alter brachte auch bei ihm gesundheitliche Probleme mit sich. Vor einer Woche musst er die Tour wegen Hüftproblemen verlassen. Es ist nicht klar, ob sein überraschender Tod damit zu tun hatte. John Fogerty von der Band CCR zum Ableben des Kollegen: »Wir waren gesegnet, oft mit dem großen Dusty Hill und ZZ Top die Bühne teilen zu können und wenn das nicht der Rock ’n’ Roll-Himmel war, dann weiß ich auch nicht.«

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal