Klimapolitiker der Linken verurteilt

Amtsgericht spricht Lorenz Gösta Beutin wegen Hausfriedensbruchs schuldig

  • Sebastian Bähr
  • Lesedauer: 3 Min.

Rund 50 Klimagerechtigkeitsaktivist*innen haben sich am Donnerstag vor dem Amtsgericht Recklinghausen zu einer Solidaritätskundgebung versammelt. Sie kommen von Gruppen wie Fridays for Future, Extinction Rebellion, der Linkspartei oder Ende Gelände. Ein Stand wurde aufgebaut, einige halten Fahnen in den Händen. Der Grund ihrer Unzufriedenheit? Lorenz Gösta Beutin, der Bundestagsabgeordnete und Klimaexperte der Linksfraktion, steht vor Gericht.

Als parlamentarischer Beobachter hatte der Politiker im Februar 2020 Proteste der Klimaschutzbewegung gegen das Kohlekraftwerk Datteln IV in Nordrhein-Westfalen begleitet. Der Kraftwerksbetreiber Uniper zeigte nach einer Besetzung der Anlage den Politiker und rund weitere 100 Personen an. Die Staatsanwaltschaft leitete dann gegen den Abgeordneten ein Strafverfahren wegen Hausfriedensbruchs ein, obwohl dieser erklärterweise nur als Beobachter vor Ort war. Der Bundestag hatte im März den Weg für die Strafverfolgung frei gemacht, indem er Beutin die Immunität entzog.

Das am Donnerstagnachmittag verkündete Ergebnis ist für alle Kundgebungsteilnehmer*innen enttäuschend: Auf Antrag der Staatsanwaltschaft wird Beutin schuldig gesprochen und zu einer Geldstrafe in Höhe von 3.750 Euro verurteilt.

»Es war deutlich, dass es der Staatsanwaltschaft um die Beschränkung der Praxis der parlamentarischen Beobachtung ging«, erklärte Beutin nach der Verhandlung gegenüber »nd«. Dies sei auch kein Zufall, da die Staatsanwaltschaft auch dem CDU-geführten Justizministerium in Nordrhein-Westfalen unterstellt ist. »Diese Landesregierung hat sich bekanntermaßen stets für die fossilen Konzerne eingesetzt und will nun ein rigides Polizeigesetz einführen – das Agieren der Staatsanwaltschaft passt da ins Bild.« Die Regierung von CDU-Ministerpräsident und Kanzlerkandidat Armin Laschet mache sich so zum »Erfüllungsgehilfen« von Uniper. Dass solch ein Verfahren gerade im Wahlkampf stattfinde, sei ein »Skandal« und habe ein »Geschmäckle«.

Beutin betonte, dass durch das Urteil die generelle Beobachtung von zivilgesellschaftlichem Protest gefährdet sei, auch wenn beispielsweise Journalist*innen diese ausüben. »Die Praxis der begleitenden Beobachtung muss endlich raus aus der rechtlichen Grauzone«, forderte der Politiker. Für eine entsprechende Änderung des Versammlungsgesetzes wolle er sich mit der Linkspartei einsetzen. Der Bundestagsabgeordnete kündigte zudem an, gegen das Urteil Berufung einzulegen.

Das Urteil traf derweil auch bei Ende Gelände auf Unverständnis. »Kriminell ist es, wenn mitten in der Klimakrise ein Steinkohlekraftwerk ans Netz geht und wenn der Konzern Uniper unsere Zukunft verspielt, um mit dreckiger Energie Gewinne zu machen«, erklärte Joli Schröter, Pressesprecherin von Ende Gelände. Weil sich Ende Gelände immer wieder diesem »Wahnsinn« entgegenstelle, werde man regelmäßig zur Zielscheibe von Polizeiwillkür und Repression. »Umso wichtiger ist es, dass parlamentarische Beobachter*innen den Kohle-Polizeistaat vor Ort in seine Schranken verweisen«, so Schröter. Dass mit Beutin jetzt ein Bundestagsabgeordneter im Auftrag eines Energiekonzerns kriminalisiert werde, sei ein »No-Go für eine Demokratie«.

Kritik kam ebenfalls von Jörg Schindler, dem Bundesgeschäftsführer der Linkspartei: »Das Urteil ist ein Schlag ins Gesicht der friedlichen Klimaschutzbewegung«, erklärte der Politiker. Es biete ein unschönes Bild, dass die Justiz ausgerechnet in dem Bundesland, das in Deutschland die Region mit dem höchsten CO2-Ausstoß ist, einen parlamentarischen Beobachter der Klimaschutzbewegung mitten in der Klimakrise nach Anzeige eines Kohlekonzerns verurteilt. »Wir brauchen dringend klare Regeln, die Rechtssicherheit für parlamentarische Beobachtung schaffen«, forderte auch Schindler.

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