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Gut für den Geldbeutel

Magdeburgs Handballer dürfen sich überraschend Klubweltmeister nennen. Doch dem Titel fehlt Bedeutung

  • Michael Wilkening
  • Lesedauer: 4 Min.

Na klar, es wurde gejubelt. Als Christian O’Sullivan den Pokal entgegennahm und kurz darauf in die Höhe streckte, gab es von den Kollegen den handelsüblichen Freudenschrei – Konfettiregen inklusive. Gleichzeitig war aber ersichtlich, dass die Emotionen kontrolliert nach außen drangen. Ganz anders noch als ein paar Monate zuvor, als die Spieler des SC Magdeburg das Finale der European League gegen die Berliner Füchse siegreich beendet hatten. Der Erfolg im Europapokal war die Eintrittskarte zum IHF Super Globe, in dessen Endspiel die Magdeburger nun den amtierenden Champions-League-Gewinner FC Barcelona schlugen. 33:28 setzten sich die Bördeländer unerwartet und überraschend deutlich durch. Der Titel lässt sich wunderbar »verkaufen«, schließlich ist der SCM jetzt ganz offiziell die beste Handball-Vereinsmannschaft der Welt. Auf dem Briefbogen des Traditionsvereins werden die Meisterschaft von 2001 und der Champions-League-Triumph ein Jahr später trotzdem weiter oben aufgeführt sein.

Bennet Wiegert dachte im Moment des Sieges in der futuristisch anmutenden Arena in Dschidda nicht an Briefpapier oder an die Einordnung des Erfolgs in der Klubhistorie. »Das ist das Größte, was man im Vereinshandball gewinnen kann. Auch wenn in Deutschland die Wertschätzung für diesen Wettbewerb nicht so da ist. Die Begrifflichkeit ist nicht so gegeben«, sagte der Magdeburger Trainer. Der 39-Jährige ist stolz auf seine Spieler, die sich zunächst gegen Sydney University aus Australien und Al Duhail (Katar) schadlos hielten, ehe sie im Halbfinale auch gegen Aalborg Handbold, den aufstrebenden Klub aus Dänemark, siegten.

Der Triumph über Barcelona, den größten Verein in der Handballwelt, ist durchaus ein Achtungserfolg für den SCM, dennoch schoss Wiegert mit seiner Aussage ein Stück über das Ziel hinaus. Bei der seit 2010 regelmäßig ausgetragenen Klub-WM geht es vor allem für die europäischen Teilnehmer um zwei Dinge: Erstens sollen die eigenen Spieler gesund bleiben. Zweitens soll so viel Geld wie möglich kassiert werden. Die Belastung der Topspieler im Handball ist zweifellos zu hoch, und der Termin der Klub-WM passt grundsätzlich überhaupt nicht in den europäischen Spielkalender, sodass es eine besondere Form der Motivation braucht, um die Klubs überhaupt zu ermuntern, für ein paar Tage nach Saudi-Arabien zu fliegen, um – wie im Fall des SCM – vier Partien in fünf Tagen zu absolvieren.

Ob sich die Anstrengungen in den kommenden Wochen im Liga-Alltag negativ bemerkbar machen, wird sich erst noch zeigen. Gelohnt hat sich die Reise für die Magdeburger aber durchaus. Es gab etwas Ruhm für den Klub, vor allem aber einen großen Geldregen. 400 000 US-Dollar erhält der Sieger der Veranstaltung, was für den SCM in etwa der Größenordnung eines Trikotsponsor-Partners entspricht. Der Aufwand macht sich also bezahlt: Selbst für den Dritten bleibt mit 150 000 US-Dollar eine hübsche Summe übrig. Weil die teilnehmenden Konkurrenten neben den drei Vereinen aus Europa qualitativ abfallen, ist die Prämie für den dritten Platz schon vor dem Abflug in Richtung des Roten Meeres oft sehr wahrscheinlich.

In Magdeburg hoffen die Verantwortlichen darauf, dass sich die Knöchelverletzung von Spielmacher Philipp Weber, zugezogen im Endspiel gegen Barcelona, als nicht schwerwiegend erweist. Der Traditionsklub hat in der laufenden Spielzeit noch größere Ziele als den Gewinn der Klub-WM. In der Liga ist Magdeburg noch ohne Punktverlust und träumt davon, den THW Kiel zu einem ernsthaften Kampf um die Meisterschaft herausfordern zu können. Der SCM ist bislang die Mannschaft mit der besten Perspektive, dem Titelverteidiger Paroli bieten zu können.

Der IHF Super Globe soll auf dem Weg dahin nur eine Zwischenetappe gewesen sein. Der Jubel bei einem Sieg über die Kieler in der Bundesliga wäre sicher deutlich euphorischer als der nach dem Triumph in Saudi-Arabien gegen den FC Barcelona.

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