• Berlin
  • Abschluss der Berliner Sondierungsgespräche

Rot-grün-rote Arbeitsgrundlagen

Nach den Sondierungen stehen jetzt die Koalitionsverhandlungen zwischen SPD, Grünen und Linken bevor

  • Martin Kröger
  • Lesedauer: 4 Min.

Erst tagt der SPD-Landesvorstand, dann treffen sich an diesem Montagabend die Grünen zu einem »kleinen Parteitag«. »Im Zentrum steht der Beschluss zur Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit der SPD und der Linkspartei«, heißt es in der Einladung der Grünen für ihre Parteiversammlung. Die Zustimmung von SPD und Grünen zu Gesprächen für einen neue Regierung mit der Linken gilt als sicher. Auch bei den Sozialisten ist vor ihrem Parteitag am Dienstag von größerer Kritik an der möglichen Regierungsbeteiligung wenig zu hören gewesen. Allein die von den Linken unterstützte Initiative Deutsche Wohnen & Co enteignen zeigte sich enttäuscht über das zwischen den drei Parteien am vergangenen Freitag verabredete Sondierungspapier und hier vor allem über die vorgesehene Einsetzung einer Expertenkommission, die die Umsetzung des Volksentscheids prüfen soll. Aber auch das wird die Koalitionsgespräche aller Voraussicht nach nicht ernsthaft torpedieren.

»Eine weitere Prüfung durch eine Expertenkommission ist nicht nur völlig unnötig, sondern auch undemokratisch. Das werden wir nicht hinnehmen!«, erklärte der Sprecher der Initiative Deutsche Wohnen & Co enteignen Rouzbeh Taheri am Samstag. Eine klare Mehrheit habe sich beim erfolgreichen Volksentscheid für die Vergesellschaftung von Wohnungsbeständen ausgesprochen. »Wenn Franziska Giffey diesen Volksentscheid verschleppt, tritt sie die Demokratie mit Füßen«, sagte Taheri. Schließlich haben rund eine Million Berlinerinnen und Berliner für den Volksentscheid gestimmt, der den Senat auffordert, die Wohnungsbestände von privaten Immobilienkonzernen, die mehr als 3000 Wohnungen in Berlin besitzen, zu vergesellschaften.

Die möglichen künftigen Koalitionäre von SPD, Grünen und Linken verteidigen dagegen ihre Beschlüsse. Insgesamt sechs Seiten ist das Eckpunkte-Papier lang, das am späten Freitagnachmittag der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. »Wir können damit arbeiten«, sagt die Landesvorsitzende der Berliner Linken, Katina Schubert, am Sonntag zu »nd«. Eine »Rosinenpickerei«, also das Herauspicken einzelner Punkte, mit der sich die jeweilige Partei schmückt, hält Schubert nicht für zielführend. Es gehe um die Grundzüge für ein Regierungsprogramm. »Uns ist es wichtig, dass wir den sozialen Zusammenhalt stärken und, soweit es möglich ist, dämpfend auf die Mieten einwirken«, betont die Linken-Politikerin. Außerdem sei es für ihre Partei zentral, dass der Volksentscheid Deutsche Wohnen & Co enteignen umgesetzt wird. Überhaupt ist es für die Linke wichtig, dass die Politik des Mitte-links-Bündnisses möglichst schnell fortgesetzt werden könne. Schließlich will die Partei Ende November noch ihre Mitglieder befragen, wenn der ausgehandelte Koalitionsvertrag vorliegt - die Richtschnur für den kommenden Senat. Zielpunkt ist die Wahl einer neuen Regierenden Bürgermeisterin am 21. Dezember dieses Jahres.

Dass dann Franziska Giffey die neue Regierende Bürgermeisterin wird, gilt als gesetzt. Die SPD-Politikerin verteidigte nach dem Ende der Sondierung erneut ihre Entscheidung, von der FDP zur Linken als dritten Partner umzuschwenken. »Wir haben uns das wirklich nicht leicht gemacht, aber am Ende der Gespräche dann entschieden, dass wir in dieser Konstellation die größten Chancen für eine erfolgversprechende und auch erfolgreiche und stabile Regierung haben«, sagte Giffey am Samstag im RBB-Inforadio. »Für mich ist wichtig - und das war auch in den Sondierungen ganz entscheidend -, dass wir so viele wie möglich sozialdemokratische Punkte auch schaffen durchzubekommen.« Es sei ein Sondierungspapier verabschiedet worden, »das eine ganz klare sozialdemokratische Handschrift trägt«.

Auch Grünen-Spitzenkandidatin Bettina Jarasch hält es für machbar, mit den Koalitionsgesprächen bis Ende November durch zu sein. »Das ist sportlich, das ist ganz schön knapp. Aber ich glaube, dass wir es hinkriegen werden, weil wir uns schon kennen und nicht bei null anfangen«, sagte Jarasch. »Am anspruchsvollsten von allem, was wir noch vor uns haben, ist die Frage des finanziellen Rahmens und dementsprechend die Priorisierung, die wir vornehmen müssen.« Wegen des coronabedingten strukturellen Minus fehlen im Haushalt zwei Milliarden Euro. In ihrem Sondierungspapier hatten sich die Parteien darauf verständigt, statt zu sparen, lieber zu investieren. Um die dafür notwendigen finanziellen Mittel zu haben, sollen »rechtliche und fiskalische Spielräume konsequent genutzt« werden, heißt es in dem Papier. Andere Bundesländer haben eine Neuverschuldung stets als Ausnahme wegen der Coronakrise deklariert, dieser zeitliche Zusammenhang dürfte allerdings nur noch in diesem Jahr gegeben sein.

Nicht nur zu diesem Punkt könnte es bei den möglichen künftigen Partnern noch einigen Gesprächsbedarf geben. Der Vorteil: Beim Thema Finanzen kennen und schätzen sich die meisten Protagonisten seit einigen Jahren, das dürfte es etwas leichter machen.

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