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Donbass-Konflikt belastet auch die Sportwelt

Handballer aus der Ukraine müssen Heimspiele im Ausland austragen. Russland werden wichtige Wettbewerbe aber nicht entzogen

Im vergangenen Sommer trug die Uefa EM-Spiele in St. Petersburg aus. Trotz des Konflikts in der Ukraine will sie auch jetzt am russischen Gastgeber fürs Finale der Champions League festhalten.
Im vergangenen Sommer trug die Uefa EM-Spiele in St. Petersburg aus. Trotz des Konflikts in der Ukraine will sie auch jetzt am russischen Gastgeber fürs Finale der Champions League festhalten.

Füße stillhalten und abwarten! Das scheint erst einmal die Devise von Sportverbänden und Vereinen im Zuge der Konflikteskalation zwischen Russland und der Ukraine zu sein. Ein paar Auswirkungen, vor allem auf ukrainische Athletinnen und Athleten haben die drohenden kriegerischen Auseinandersetzungen in der Ostukraine aber dennoch.

Als erster Dachverband zog die Europäische Handball-Föderation EHF Konsequenzen und teilte am Dienstag mit, dass in den kommenden vier Wochen keine internationalen Spiele in der Ukraine ausgetragen werden sollen. »Die EHF ist stets bestrebt, die Integrität ihrer Wettbewerbe zu wahren«, schrieb Verbandspräsident Michael Wiederer am Dienstag auf der EHF-Website. »Gleichzeitig hat die Sicherheit von Spielern und Offiziellen höchste Priorität.« Diese könne derzeit in der Ukraine aber nicht garantiert werden.

Männermeister Motor Saporischschja, der in einer Region zwischen Donezk und der von Russland längst annektierten Halbinsel Krim sein Zuhause hat, soll seine beiden ausstehenden Heimspiele in der Champions League gegen Paris und Barcelona im März nun in der Slowakei austragen. Für die EM-Qualifikationsspiele der ukrainischen Frauen ist ein Doppelspieltag beim Gegner Tschechien vorgesehen. Ihr Heimrecht müssen die Ukrainerinnen also abgeben.

Derlei haben russische Veranstalter bislang noch nicht zu befürchten, auch wenn der politische Druck auf die Verbände wächst. Das Finale der Champions League, des wichtigsten europäischen Vereinswettbewerbs im Fußball, soll am 28. Mai in St. Petersburg stattfinden, der Heimatstadt des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Und Europas Fußball-Union Uefa hielt am Dienstag am Austragungsort fest. Die Situation werde aber weiterhin beobachtet, hieß es knapp.

Politiker fordern Konsequenzen im Sport

Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Philip Krämer bezeichnete dies als »absolut irrsinnig«. Es sei »doch sehr perfide, mit Vertretern des russischen Regimes eine sportliche Feier« zu veranstalten, während es in ukrainischen Gebieten einen Krieg gebe, »der von diesem russischen Regime angezettelt worden ist«, sagte der stellvertretende Vorsitzende im Sportausschuss des Bundestages.

André Hahn, als sportpolitischer Sprecher für Die Linke im selben Gremium vertreten, sprach sich derweil gegen Sanktionen im Sport aus: »Statt weiter an der Spirale der Eskalation zu drehen, brauchen wir jetzt mehr denn je Diplomatie und Gespräche auf vielen Ebenen.« Der Sport könne »eine wichtige Brücke sein«, behauptete Hahn.

Währenddessen hält auch der Internationale Schwimmverband Fina an Wettkämpfen in Russland fest. Ein Entzug der Kurzbahn-Weltmeisterschaften in Kasan sei nicht geplant, teilte ein Sprecher auf nd-Anfrage mit. »Die Fina beobachtet die Situation in Russland und der Ukraine genau. Im Moment gibt es keine Pläne, den aktuellen Wettkampfzeitplan zu ändern«, hieß es weiter. Die Kurzbahn-WM soll vom 17. bis 22. Dezember in Kasan steigen, im August an gleicher Stelle zudem die wegen der Pandemie verschobenen Junioren-Weltmeisterschaften 2021 nachgeholt werden. Und schon im April machen die Weltserien im Synchronschwimmen und Wasserspringen in Kasan Station.

Ganz Ähnliches war vom Volleyballweltverband FIVB zu hören, der Russland die Männer-WM (26. August bis 11. September) nicht entziehen will: »Der FIVB ist der Meinung, dass Sport immer von Politik getrennt bleiben sollte«, hieß es zur Begründung. »Aber wir beobachten die Situation genau, um die Sicherheit und das Wohlergehen aller Teilnehmer zu gewährleisten.«

Interessanterweise ist es bereits das zweite Mal, dass der FIVB so entscheidet. Ende 2018 hatte er die WM nach Russland vergeben. Ein Jahr später urteilte die Welt-Antidoping-Agentur Wada im russischen Dopingskandal, dass das Land vier Jahre lang keine WM austragen dürfe. Der FIVB wartete aber noch ein weiteres Jahr, bis der Internationale Sportgerichtshof Cas die Sperre halbierte, um dann zu sagen, dass eine Verschiebung der WM nach den bereits getätigten Vorbereitungen nicht mehr zu vertreten sei.

Gazprom-Werbung in deutschen Stadien

In Deutschland gerät derweil der Fußball unter Druck: Der vom russischen Energieunternehmen Gazprom gesponserte Fußball-Zweitligist FC Schalke 04 verfolge die Lage in der Ostukraine »mit großer Sorge«, erklärte der Verein am Dienstag. Der russische Staat kontrolliert die Geschicke des Unternehmens. Ein Ende des schon lange auch von den eigenen Fans kritisierten Sponsorings steht aber offenbar weiterhin nicht zur Debatte. Stattdessen wurde Gazprom als »zuverlässiger Partner« und »relevanter Gaslieferant der Bundesrepublik Deutschland« gepriesen.

Da Gazprom auch die Uefa finanziell unterstützt, könnten dessen Werbebanner auch bei der Fußball-EM 2024 in deutschen Stadien zu sehen sein. Der Interimspräsident des Deutschen Fußball-Bunds, Rainer Koch, wollte sich damit am Dienstag aber noch nicht beschäftigen: »Es ist eine sehr heikle Situation«, sagte er der ARD. »Aktuell geht es um die Sicherung des Weltfriedens und damit um weitaus Wichtigeres als Fußball.«

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