Tanz in den März - mit Auflagen

Clubs und Tanzschulen stehen vor dem Neustart - noch niemand ist völlig sicher, wie der gelingt

Ab diesem Wochenende darf in Clubs, bei Tanzabenden und Bällen wieder getanzt werden - wenn auch noch nicht in allen Bundesländern und auch nicht überall zu gleichen Bedingungen. Wie geht es der Veranstaltungsbranche nach zwei Jahren Pandemie? »Wir wären alle schon tot, wenn es nicht die relativ guten Hilfen gegeben hätte. Die fielen hierzulande besser aus als in den meisten Nachbarländern«, erklärt Axel Ballreich von LiveKomm, dem Verband der Musikspielstätten in Deutschland, auf »nd«-Anfrage. Der Branchenverband vertritt etwa 750 Mitgliedsunternehmen bundesweit, darunter Clubs wie auch Veranstaltungsbüros, die große Festivals organisieren. Unterstützung floss im Rahmen von Überbrückungshilfen oder als Teil des Programms Neustart Kultur. Und es gab auch in den Bundesländern noch einmal spezifische Hilfen - Ballreich lobt die Programme von Berlin und Bayern. So haben laut dem LiveKomm-Vorstand und -mitbegründer die meisten Veranstalter die Krise bisher gut überstanden.

Etwas verhaltener ist Ballreichs Einschätzung dazu, wie das Geschäft jetzt wieder in Gang kommen wird. Er kann noch nicht sagen, ob der Stand von 2018/19 bald wieder erreichbar ist. Gerade die schon »gesetztere« Altersgruppe sei doch sehr verunsichert, vor allem was Innenveranstaltungen betrifft. Während jüngere Tanz- und Partylustige hier schon wieder gut am Buchen sind, halten sich die Älteren noch zurück. Bislang gut angenommen wird offenbar der Vorverkauf für Festivals im Sommer, die im Freien stattfinden.

Laut Ballreich gebe es zwar einige Geschäftsaufgaben, aber »noch keine Riesenwelle«. Wie das nunmehr wieder mögliche Club- und Konzertleben anläuft, ist auch deshalb nicht klar, weil die Vorgaben in den Bundesländern sehr unterschiedlich sind. In Niedersachsen dürften Clubs und Diskotheken noch gar nicht wieder öffnen, anderswo gilt alles Mögliche, darunter auch 2G++ (zusätzlicher negativer Schnelltest auch für Geboosterte). Während die Clubs schnell durchstarten können, sei für die Konzerte ein längerer Vorlauf nötig, es hatte in den letzten zwei Jahren viele Terminverlegungen gegeben. »In Innenräumen wird es vermutlich erst im Herbst wieder losgehen, wahrscheinlich mit einem übervollen Programm«, vermutet Ballreich, der selbst ein Konzertbüro und einen Musikclub in Nürnberg betreibt.

Etwas ernster stellt sich die Situation für die Tanzschulen dar. Laut Christian Götsch, Geschäftsführer des Tanzschulverbandes Swinging World, sei sie nach zwei Jahren Pandemie »schwierig bis dramatisch«. Im Einzelfall sei sie abhängig davon, wie die Schulen mit den staatlichen Hilfen umgingen. Erste Geschäftsaufgaben sind absehbar, aber: »Die große Pleitewelle wird erst noch kommen«, befürchtet Götsch. Was in den letzten zwei Jahren an Einnahmen verloren ging, wird nicht einfach aufzuholen sein. Das hängt auch mit den Zyklen der Tanzschulen zusammen: »Aus den Grundkursen kommen Teilnehmer*innen für Fortgeschrittenen-Kurse«, erklärt Götsch gegenüber dem »nd«. Wenn die Grundkurse gar nicht stattfinden können, gibt es keine Kundschaft für höhere Ansprüche. Ebenfalls lange ausfallen mussten die Kurse, die für viele Tanzschulen zum Grundgeschäft zählen: Hochzeits- oder Abi-Ball-Vorbereitungsstunden.

Mit dem Neustart und der expliziten Erlaubnis des Tanzens gelten in den Bundesländern auch für die Tanzschulen immer noch verschiedene Pandemieauflagen, zum Beispiel die Maskenpflicht in Innenräumen. Der Mund-Nasen-Schutz darf dann, ähnlich wie in der Gastronomie oder beim Sport, zwar zeitweise abgelegt werden - eben auf der Tanzfläche, muss aber am Platz weiter getragen werden, oder auf dem Weg zur Toilette. Wie das beim Nachschminken vor dem Spiegel aussieht, ist noch nicht reguliert.

Götsch und der Swinging World-Präsident Christoph Möller sind sich einig, dass zwischen acht und zehn Prozent der Schulen aufgeben werden. Ihr Verband hat bundesweit knapp 600 Mitgliedsschulen. Zu den Unwägbarkeiten zählt, wie es mit staatlichen Hilfen weitergehen kann. Oder auch, welchen Anteil noch nicht eingelöste, aber bereits gebuchte und bezahlte Tanzstunden am Unterrichtsgeschehen haben. Für die Tanzschulen läuft ab April die klassische Hochzeitssaison, für die eben noch mit Auflagen zu rechnen ist. Die Hauptsaison der Tanzschulen ist jedoch das Winterhalbjahr.

Möller sieht ein grundsätzliches Problem: »Pandemie und Geselligkeit passen nicht zusammen, das haben wir in den letzten zwei Jahren gelernt«. Angesichts großer Säle und guter Lüftungstechnik sollte es gelingen, wieder Vertrauen aufzubauen. Tanzsport, egal auf welchem Niveau, ist für ihn ein wichtiger Gesundheitsfaktor. »Da geht es nicht nur um Bewegung, sondern auch um mentale Gesundheit.« Und die sei nach zwei Jahren Pandemie ebenfalls wieder zu kräftigen.

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