Lasst uns in Frieden (26): Ein Proto-Öko gegen den Krieg

Gegen die Logik des Militärs: Der Film »Alice’s Restaurant« mit Arlo Guthrie

  • Florian Schmid
  • Lesedauer: 2 Min.

Als ich Mitte der 80er Jahre versuchte, meinen elegischen Haschischkonsum als möglichen Grund für eine Ausmusterung im niederbayerischen Kreiswehrersatzamt anzuführen, rief das beim zuständigen Musterungsarzt nur ein müdes Lächeln hervor.

Weitaus erfolgreicher ist der Folksänger Arlo Guthrie in dem Film »Alice’s Restaurant« (1969), der zur Musterung in New York geladen wird, aber keinesfalls in den »fucking« Vietnam-Krieg ziehen will. Zwar scheitert sein Versuch, sich als mordlüsterner Maniac zu inszenieren, als er vor dem Arzt steht und beteuert, so viele Menschen wie möglich ermorden zu wollen und »Kill, kill, kill!« skandierend durch den Raum springt. Statt abgeschreckt zu sein, macht der Arzt begeistert mit und der zuständige Musterungsoffizier der Army glaubt, nun den perfekten Soldaten gefunden zu haben.

Bis er ihn dem Protokoll gemäß fragt, ob er denn vorbestraft sei. Und das ist Arlo Guthrie, weil er nach einer wilden Hippie-Party illegal Müll entsorgt hat. Also ab zum Psychologentest. Hier nun stellt sich heraus, dass die Müllentsorgung gar nicht so schlimm war - nicht für die Army. Nur hat Arlo Guthrie als echter Proto-Öko (im Jahr 1969) ein schlechtes Gewissen deswegen, was die Armeeverantwortlichen so befremdet, dass er schließlich doch ausgemustert und seine Akte wegen suspekten Verhaltens sogar nach Washington zu den Sicherheitsbehörden geschickt wird.

Während sich unsere Medien mit Meldungen über freiwillig in den Krieg ziehende Männer überschlagen, Militärs gebetsmühlenartig die »Kampfmoral« der Ukrainer loben und die beschissene Kriegslogik langsam alles und jeden einlullt, dürfte die Verweigerung, mit einer Waffe in den Krieg zu ziehen, kaum als Heldentat gewertet werden.

Vielleicht könnte der Film »Alice’s Restaurant«, der filmhistorisch übrigens keine Perle ist, aber soziologisch Substanzielles zum damals wütenden Vietnam-Krieg, seiner absurden Logik und der Abneigung junger Menschen gegen den Krieg zu sagen hat, ein gutes Kontrastprogramm zur derzeitigen Flut an Nachrichtensendungen und Talkshows abgeben.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal