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Starke Gegensätze in einer Koalition

Über die ersten 100 Tage des Senats von Franziska Giffey

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 2 Min.

Bereits der Wahlkampf hat es gezeigt. Im rot-grün-roten Senatsboot hat sich nicht unbedingt ein Team zusammengefunden, das politisch so viele Gemeinsamkeiten hat. Denn eigentlich, so hat es die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) zu verstehen gegeben, hätte sie lieber mit CDU und FDP koaliert. Doch die Wähler und auch viele in ihrer Partei wollten es anders. Die Koalitionsverhandlungen waren äußerst zäh, bei vielen Punkten, die Grünen und Linke Herzensanliegen waren, sind die berüchtigten Prüfaufträge herausgekommen, die viel Unverbindlichkeit in sich tragen.

Viele Grundsatzkonflikte bei Verkehr, Stadtentwicklung und Klimaschutz vor allem zwischen der SPD und den beiden anderen Koalitionspartnern haben enorme Sprengkraft, nicht zuletzt der weitere Umgang mit dem Volksentscheid von Deutsche Wohnen & Co enteignen. Überdeckt wird das derzeit vor allem von der Bewältigung der Folgen des Krieges in der Ukraine. Ein hartes Kampffeld dürften die Haushaltsverhandlungen sein. Es gibt weniger zu verteilen als früher.

Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) holzt bereits eifrig in seinem Ressort, um das wohl überambitionierte Bauziel von mindestens 20 000 Wohnungen pro Jahr irgendwie zu erreichen. Zusammen mit der Regierenden und der Innensenatorin Iris Spranger bildet er den Beton-Sozialdemokratenblock im Senat. Dass Geisel Kritik und Fragen der Koalitionspartner an seinem Ansatz als überaus lästig empfindet, hat er bereits mehr als einmal gezeigt. Der Druck der selbst auferlegten Ziele ist enorm.

Überraschend deutlich für eine neue Regierung ist die Unzufriedenheit in der Bevölkerung. Laut BerlinTrend von RBB und »Berliner Morgenpost« sind 56 Prozent der Befragten unzufrieden. Die Grünen liegen nun in der Umfrage als beliebteste Partei mit 21 Prozent einen Punkt vor SPD und CDU. Die Linke ist auf zwölf Prozent abgerutscht. Die Koalitionspartner stehen somit alle unter weiterem Profilierungs- und Erfolgsdruck. Das deutet nicht auf ein ruhiges Regieren hin. Gerade Die Linke muss sich fragen, wie viele Zumutungen sie hinnehmen kann, wenn sie bei der nächsten Wahl noch punkten will.

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