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Berlin gegen München: Spannung im ewig Gleichen

Im Finale um die deutsche Basketballmeisterschaft treffen sich erneut Alba und der FC Bayern. Die Fans wollen das trotzdem sehen

Louis Olinde (l.) will mit Alba Berlin den dritten Meistertitel in Serie holen. Vladimir Lucic möchte das mit seinen Bayern diesmal unbedingt verhindern.
Louis Olinde (l.) will mit Alba Berlin den dritten Meistertitel in Serie holen. Vladimir Lucic möchte das mit seinen Bayern diesmal unbedingt verhindern.

Der ewige Clásico oder lieber mal ein bisschen Abwechslung? Was will Basketball-Deutschland? Bis zum Mittwochabend war die Debatte rund um die deutsche Meisterschaft noch in vollem Gang. Titelverteidiger Alba Berlin stand zwar schon seit einer Woche als Finalist fest, doch der zweite große Favorit, der FC Bayern Basketball, tat sich überraschend schwer, das Baskets aus Bonn im zweiten Halbfinale niederzurringen. Die Rheinländer hatten den Viertelfinalisten der Euroleague in ein entscheidendes Spiel fünf der Serie gezwungen und dort zudem Heimvorteil – erstmals seit 13 Jahren träumten die Bonner Fans wieder von einer Finalteilnahme, ein bisschen sogar vom ersten Meistertitel überhaupt. Doch nach einem äußerst »erwachsenen« 87:74-Sieg, wie es Münchens Trainer Andrea Trinchieri ausdrückte, heißt das Finale der Basketball-Bundesliga (BBL) am Ende einer langen Saison nun doch zum vierten Mal in fünf Jahren: Alba gegen Bayern.

»Es war ganz schön für die Fans, dass wenigstens diese eine Serie ein bisschen Spannung gebracht hat, nachdem ja alle anderen im Viertel- und Halbfinale immer 3:0 ausgegangen waren. Darüber habe auch ich mich gefreut«, sagt Malte Delow von Alba Berlin. »Ganz nebenbei haben wir dadurch nun den Vorteil, ein wenig ausgeruhter als unser Gegner ins Finale zu starten.«

Den sogenannten Randsportarten, also allen außer Fußball, wird oft vorgeworfen, langweilig zu sein – immer stünden sich am Ende die gleichen Teams gegenüber: Berlin und Friedrichshafen im Volleyball, Saarbrücken und Düsseldorf im Tischtennis oder eben Berlin und München im Eishockey und Basketball. Dabei hat die Fußball-Bundesliga objektiv betrachtet noch viel weniger Spannung zu bieten: Bayern München gewann gerade die zehnte Meisterschaft in Serie, oft genug stand der Titelträger sogar schon viele Spieltage vor Saisonende fest. Und doch bleibt der Fußball die Nummer eins. Und sein deutscher Clásico München gegen Dortmund wird alljährlich in Hunderte Länder weltweit live übertragen.

Natürlich wünschen sich Fans auch mal Überraschungen, Sensationen, Favoritenstürze. Doch ohne Favoriten gibt es keine Außenseiter. Ohne Serienmeister keine Cinderella-Storys irgendwelcher Underdogs. Und ohne Rivalitäten zweier großer Teams auch keine Vorfreude auf spannende Finals. Also waren die deutschen Basketballfans wohl nicht wirklich enttäuscht, als sich die Bayern am Ende doch in Bonn durchsetzten. Sie wollen nun mal sehen, wer wirklich das beste Team des Landes ist: die körperlich starken und erfahrenen Münchner oder das zweite Euroleague-Team aus Berlin mit dem unbestreitbar schönsten Spielstil in der BBL.

An diesem Freitag startet das Duell, wenn um 20.30 Uhr in Albas Heimarena am Ostbahnhof Spiel eins der Best-of-five-Serie angepfiffen wird und zwei unterschiedliche Systeme aufeinanderprallen. »Die Bayern spielen sehr physisch, sind defensiv geprägt«, sagt Albas Nationalspieler Louis Olinde, und sein Trainer Israel González fügt hinzu: »Sie sind mit ihrer Größe direkt am Korb nur schwer zu stoppen, sind stark in den Duellen Mann gegen Mann. Außerdem ist es schwer, einen Rhythmus gegen die Münchner zu entwickeln, weil sie das Spiel oft bewusst verlangsamen.«

Auf der anderen Seite müssten die Bayern aber eben auch Berlins Offensivstärke fürchten. »Wir sind sehr ausgeglichen und sehr gut im Fluss. Da ist auch kein Unterschied zwischen der Startformation und den Spielern von der Bank. Wir spielen schnell und selbstlos. Jeder hat Bock darauf, den Ball noch mal zum frei stehenden Mitspieler weiterzugeben. Das macht auch wirklich Spaß.« Diesen Spaß will Coach González auch unbedingt beibehalten: »Im Angriff werden wir uns von den Bayern nicht beeinflussen lassen, sondern wie immer frei spielen und Lösungen für jede Situation finden.«

Eine Erfolgsformel, die seit Jahren funktioniert, denn nicht zufällig steht Alba zum fünften Mal in Serie in der BBL-Finalserie. Keinem Team ist das gelungen, seit Berlin selbst zwischen 1997 und 2003 sieben Titel in Folge feierte. »Für uns ist diese Leistung kaum zu fassen. Wir standen auch noch im Eurocup-Finale und haben ein paarmal den Pokal gewonnen. So eine Phase gibt es nicht so oft«, zeigt sich González, der bis zum Beginn dieser Saison bereits vier Jahre lang als Co-Trainer dabei war, sichtlich stolz.

In den Vorjahren haben sich beide Klubs vor Finals gern die Favoritenrolle gegenseitig zugeschoben. Auch diesmal hätte das so kommen können, schließlich gewann Alba die Hauptrunde und ist seit 16 Spielen ungeschlagen. Die Bayern dagegen erreichten im Gegensatz zu Alba erneut das Viertelfinale in der Euroleague. Doch speziell den Berlinern ist das Favoriten-Spielchen wohl zu öde geworden. »Klar haben wir einen kleinen Vorteil. Wir konnten uns in den letzten Tagen ganz auf uns konzentrieren, auf unsere Stärken, aber auch unsere Schwächen«, nimmt Trainer González die Favoritenrolle durchaus an. »Natürlich könnte man auch sagen, dass München im Spielrhythmus ist, aber wenn ich es mir aussuchen könnte, würde ich immer unsere jetzige Situation wählen.«

Berlin hatte nicht nur Zeit, die Akkus aufzuladen und »dem Körper mal ein bisschen Ruhe zu geben« (Olinde), sondern auch, um »ein paar Sachen zu trainieren, für die man das ganze Jahr lang keine Zeit hatte, weil wir immer alle drei Tage ein Spiel hatten«, wie Teamkollege Malte Delow berichtet. Berlin hat also nicht nur den Vorteil, ausgeruhter zu sein. Eventuell kann man den Erzrivalen sogar mit ein paar neuen Spielzügen überraschen. »Es ist ohnehin immer schwer, sich auf uns einzustellen, weil nie klar ist, wer von uns einen guten Tag erwischt. Man weiß auch nie, welche Option wir suchen, weil wir es selbst anfangs noch nicht genau wissen. Wir lassen die Spiele auf uns zukommen und finden dann die besten Optionen, die sich uns bieten«, so Delow.

Grundsätzlich aber wissen beide Teams ebenso wie die Basketballfans des Landes, was sie in den kommenden knapp zwei Wochen erwartet. Die Bayern wollen geduldigen Basketball spielen und die Rebounds kontrollieren. Alba dagegen will viel passen, immer den freien Mann suchen und dann sofort abdrücken. Das ist oft schöner anzuschauen, aber eben auch nur erfolgreich, wenn man häufiger den Korb trifft als der Gegner. Und wenn ein Team das mit knackiger und variabler Abwehr verhindern kann, dann die Bayern, die den dritten Meistertitel für die Berliner in Serie unbedingt verhindern wollen. Selbst in einem Clásico wäre das also wenigstens ein bisschen Abwechslung.

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