- Kommentare
- Gewalt gegen Frauen
Ursachen bekämpfen
Birthe Berghöfer über Gewalt gegen Frauen
Statistisch gesehen wird in Deutschland alle 45 Minuten eine Frau Opfer von Körperverletzung durch Partnerschaftsgewalt. Jede Dritte erlebt in ihrem Leben physische oder sexualisierte Gewalt und an fast jedem dritten Tag wird eine Frau von ihrem Partner oder Ex-Partner getötet. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) hat also vollkommen recht, wenn er das Ausmaß an Gewalt gegen Frauen in Deutschland als erschütternd bezeichnet und meint, härter gegen diese Straftaten vorgehen zu müssen. Lediglich das Strafgesetzbuch zu erweitern, ist jedoch Symptombekämpfung und lässt die eigentlichen Ursachen unberührt.
Denn Gewalt gegen Frauen ist Ausdruck ungleicher Machtverhältnisse zwischen den Geschlechtern. Natürlich ist es wichtig, dass Betroffene Gerechtigkeit erfahren, wenn Täter verurteilt werden, und natürlich dürfen solche Straftaten nicht als »private Tragödien« und »Eifersuchtsdramen« verharmlost werden. Besser wäre allerdings, wenn es gar nicht erst zur Gewalt käme. Dafür braucht es Investitionen in Präventionsprogramme und eine gesamtgesellschaftliche Auseinandersetzung mit Männlichkeitsbildern und deren toxischen Ausläufern.
Hinzu kommt, dass Anwältinnen für Straf- und Familienrecht über Desinteresse vor Gericht, fehlende Fortbildungen und Frauenfeindlichkeit in der juristischen Ausbildung berichten. Betroffene würden nicht ernst genommen und häufig retraumatisiert, so die Kritik. Zudem wird bei Gewalt gegen Frauen von einer hohen Dunkelziffer ausgegangen. Lediglich 5 bis 15 Prozent der Betroffenen zeigen Übergriffe überhaupt an, schreibt die Amadeu Antonio Stiftung. »Aus Angst vor Konsequenzen, weil ihnen nicht geglaubt wird und weil ihnen im Zweifel eine Mitschuld gegeben wird.«
Der Vorstoß Buschmanns ist also tatsächlich auch nur das: ein Vorstoß. Wer Gewalt gegen Frauen effektiv bekämpfen will, muss an die Wurzeln dieser Gewalt ran.
Wir sind käuflich. Aber nur für unsere Leser*innen.
Die »nd.Genossenschaft« gehört ihren Leser:innen und Autor:innen. Sie sind es, die durch ihren Beitrag unseren Journalismus für alle zugänglich machen: Hinter uns steht kein Medienkonzern, kein großer Anzeigenkunde und auch kein Milliardär.
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen aufgreifen
→ marginalisierten Stimmen Raum geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten voranbringen
Mit »Freiwillig zahlen« machen Sie mit. Sie tragen dazu bei, dass diese Zeitung eine Zukunft hat. Damit nd.bleibt.