FDP bremst auch beim Mieterschutz

SPD forciert Maßnahmen gegen erwartete extreme Mietpreisanstiege. Justizminister Buschmann taucht ab.

  • Martin Höfig
  • Lesedauer: 4 Min.

»Während von der Bundesregierung für die Unternehmen bereits ein Schutzschirm gespannt wurde, sind für Verbraucherinnen und Verbraucher keine weiteren Entlastungsmaßnahmen geplant«, heißt es beim Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv). Er fordert daher kurzfristig ein drittes Entlastungspaket insbesondere für Haushalte mit geringen, je nach Anstieg des Gaspreises auch zunehmend mit mittleren Einkommen. »Dazu gehört die Erhöhung des Heizkostenzuschusses in Verbindung mit dem Familienzuschuss und der Einmalzahlung für Transferleistungsempfänger*innen«, so der vzbv.

Am Donnerstag wurde die Einschätzung des Münchener Ifo-Instituts bekannt, nach der die Inflation zwar vorerst ihren Höhepunkt erreicht habe. »Die Preise dürften aber weiter steigen, allerdings wird sich das Tempo verlangsamen«, erklärte Ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser. Der Anteil der Unternehmen, die in den kommenden drei Monaten ihre Preise erhöhen wollen, sei laut Wollmershäuser im Juli das dritte Mal in Folge gesunken. Da sich die Preiserwartungen der Unternehmen in der Regel mit ein paar Monaten Verzögerung in den Verbraucherpreisen niederschlügen, sei davon auszugehen, dass die Inflation im Verlauf der zweiten Jahreshälfte allmählich zurückgehen werde.

Allerdings gibt es Unterschiede zwischen den Wirtschaftszweigen. So erwartet die Bundesnetzagentur, dass die Gaspreise in Deutschland in den kommenden Monaten noch mal massiv ansteigen werden. Im nächsten Jahr werden sich die monatlichen Abschläge wohl mindestens verdreifachen. In diesem Zusammenhang versprach Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) vergangene Woche Menschen mit geringen Einkommen medienwirksam: »You’ll never walk alone.« Diese erst mal nur verbale Anleihe bei Popmusik und Fußballwelt, die Menschen nicht allein zu lassen, wurde in dieser Woche durch ein Eckpunktepapier der SPD-Fraktion flankiert. In diesem werden konkrete Maßnahmen vorgeschlagen, die sowohl Mietern als auch Vermietern kurzfristig helfen sollen. Demnach soll eine Kündigung des Mietvertrags vorerst nicht mehr zulässig sein, wenn ein Mieter seine Vorauszahlungen für die Betriebskosten nicht leisten kann. Ähnliches soll für Nachzahlungen gelten, und zwar für sechs Monate ab der Abrechnung. Die Regelung soll bereits für die Abrechnungsperiode 2021 und auch für 2022 gelten.

Für die nächsten Monate werden von Experten Preisanstiege bei den Nebenkosten erwartet, die die bisherigen Kaltmieten um ein Mehrfaches übertreffen. Die Überlastung Einzelner und großflächige Zahlungsausfälle könnten zu einer Kettenreaktion führen, welche die Versorgung der Bürger gefährde. Als weitere Maßnahmen bekräftigt die SPD-Fraktion daher ihre Forderung, dass säumigen Zahlern weder der Strom noch das Gas abgestellt werden dürften. Dies müsse mit einem »Konzept zur Sicherung der Stadtwerke« verbunden werden.

Der Deutsche Mieterbund (DMB) fordert solche Moratorien für Wohnungskündigungen und das Abstellen von Strom und Heizung bereits seit Monaten. »Wir brauchen das jetzt und nicht erst irgendwann später«, betont Franz Michel, Referent Wohnungs- und Mietenpolitik beim DMB, gegenüber »nd.DerTag«. Dafür zuständig ist das auch für den Mieterschutz verantwortliche und von der FDP geführte Bundesjustizministerium. »Doch Buschmann hat sich bisher noch überhaupt nicht zu dem Thema geäußert, und nach unseren Informationen plant er auch nichts dazu. Was muss eigentlich noch passieren, damit er tätig wird? Das ist schon sehr verwunderlich«, so Michel.

SPD-Fraktionsvize Verena Hubertz sagte, Gesetze zum Mieterschutz wie die Verlängerung der Mietpreisbremse bis 2029 und die Ausweitung der Mietspiegel seien ohnehin geplant. »Für die SPD-Fraktion ist aber klar, dass wir das als Koalition unmittelbar nach der Sommerpause erledigen können und sollten«, so Hubertz mit Blick auf den Justizminister. Ob Marco Buschmann bis dahin aufgewacht ist, wird sich zeigen. Für viele Menschen in diesem Land hängt viel davon ab.

Unterdessen forderte die Vorsitzende des vzbv, Ramona Pop, am Donnerstag eine Abschaffung der Mehrwertsteuer auf bestimmte Lebensmittel wie Obst, Gemüse und Hülsenfrüchte. So würde es allen Verbraucherinnen und Verbrauchern zumindest erleichtert, sich gesund zu ernähren.

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