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US-Raketen auf Kabul
Cyrus Salimi-Asl über die Tötung von Al-Kaida-Chef Al-Sawahiri
Lieber tot als lebendig: So jagen die USA Verbrecher und Terroristen. Diesmal traf es den 71-jährigen Ägypter Aiman Al-Sawahiri, Nachfolger Osama Bin Ladens an der Spitze des Terrornetzwerks Al-Kaida. »Es wurde Gerechtigkeit geübt«, lobte US-Präsident Joe Biden den Tötungsakt. Auch wenn die USA ihre eigene Rechtsauslegung zur Grundlage von Tötungen machen und sogar das Doha-Abkommen mit den Taliban als Rechtfertigung heranziehen, ist das Völkerrecht eindeutig: »Außerhalb von bewaffneten Konflikten ist die Anwendung vorsätzlicher tödlicher Gewalt nur dann rechtmäßig, wenn sie zum Schutz vor einer unmittelbaren Bedrohung des Lebens absolut unvermeidlich ist«, schreibt Amnesty International. Davon konnte hier keine Rede sein, Al-Sawahiri versteckte sich in Kabul. Die Tötung war illegal, so wie Hunderte anderer Drohnenangriffe der US-Armee.
Wie glaubwürdig kann ein Staat, der das Völkerrecht regelmäßig und systematisch mit Füßen tritt, Menschenrechtsverbrechen anderer Staaten anprangern, wie sie zum Beispiel im Ukraine-Krieg verübt werden? Wen wundert’s, wenn die Beschuldigten mit dem Finger auf ihre Ankläger zurückweisen? Menschenrechtsverbrechen lassen sich nicht gegeneinander aufrechnen, alle sind unterschiedslos und unzweideutig zu verurteilen.
Zum Kalkül gehörte der Zeitpunkt des Drohnenangriffs, fast genau ein Jahr nach dem Abzug der US-Truppen aus Kabul. US-Präsident Biden wollte zeigen, dass die USA weiter nach Gutdünken in Afghanistan zuschlagen können, auch ohne eigene Soldaten vor Ort. Für die Taliban war es ein Warnschuss, dass sie sich genau überlegen sollten, wen sie zum Tee einladen. Der nächste Drohnenangriff könnte auch sie treffen.
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