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Beängstigende Bayern

Die Münchner zeigen sich mit sieben Toren in Bochum schon wieder meisterlich

  • Andreas Morbach, Bochum
  • Lesedauer: 4 Min.
Bayerns Kingsley Coman (l.) überragte beim 7:0 in Bochum.
Bayerns Kingsley Coman (l.) überragte beim 7:0 in Bochum.

Aus den Boxen dröhnten gerade die ersten Töne von Herbert Grönemeyers Hymne auf »Bochum«, als sich die in Weiß gekleideten Sonntagsgäste aus München noch mal zusammenfanden. Mit ihren Fans hatten sie gerade ihren 7:0-Erfolg beim VfL gefeiert, auf dem Weg in die Kabine fing Julian Nagelsmann seine Fußballer dann auf halber Strecke ein. Um den Chefcoach der Bayern bildete sich zügig ein Kreis – der allerdings genauso rasch wieder auseinanderging. Denn viel mehr als »weiter so« dürfte Nagelsmann seinen Spielern auch nicht zu sagen gehabt haben.

Dass die Serienmeister von der Säbener Straße Ende Mai nächsten Jahres auch ihren elften nationalen Titel in Folge bejubeln werden, scheint diesmal schon kurz nach Verlassen der Startblöcke beschlossene Sache. Drei Siege mit einem Torverhältnis von 15:1 – mit einer derartigen Wucht wie die Münchner im Spätsommer 2022 ist in 59 Jahren Bundesliga noch keine Mannschaft in eine Saison gestartet. Die Bochumer Fans feierten ihr böse gerupftes Team nach Spielschluss so, als würden die Bayern in dieser Liga ohnehin außer Konkurrenz laufen. Und so ging das Ensemble aus dem Freistaat die Partie im altehrwürdigen Bochumer Stadion auch an.

»Wir wollten gerade in den ersten 30 Minuten an den Tag legen, dass der Gegner merkt: Hier ist nichts zu holen«, erwähnte Nagelsmann. Mit minimaler Verspätung legte Thomas Müller dem außerordentlich spielfreudigen Kingsley Coman nach 33 Minuten dann auch schon zum dritten Treffer auf. Neuzugang Sadio Mané, der mit dem Ball am Fuß immer wieder durch die Bochumer Defensive wie durch Butter glitt, erhöhte noch vor der Pause auf 4:0. Und nun wurde auch den bis dahin weiter wild pressenden Gastgebern klar, dass es an diesem Tag nur noch um Schadensbegrenzung ging. »Auch das ist uns nicht ganz gelungen«, seufzte der Bochumer Coach Thomas Reis beim Gedanken an die zweite Halbzeit. Sein Münchner Kollege Nagelsmann genoss derweil noch mal die »geile« Stimmung in der Fußballarena an der Castroper Straße, bekundete seine Sympathien für das Stadion und die VfL-Fans und erklärte: »Deshalb sind wir heute noch einen Tick glücklicher als sonst.«

Auf nationaler Ebene wird den Bayern mit ihrer nach dem Abgang von Torfabrik Robert Lewandowski extrem variablen Offensive vermutlich kein größeres Unheil drohen: Top-Teams wie RasenBallsport Leipzig, Bayer Leverkusen oder Eintracht Frankfurt warten noch immer auf ihren ersten Bundesligasieg. Und die – mit einigem Glück – gut gestarteten Dortmunder haben gerade zu Hause gegen Aufsteiger Bremen verloren.

Stattdessen dürfte die internationale Konkurrenz bereits jetzt wachsame Blicke auf das torwütige Team aus dem Süden Deutschlands werfen: Der Bayern-Schnitt von fünf Treffern in den ersten vier Pflichtspielen wirkt beängstigend, in Bochum ragte neben dem zuletzt rot gesperrten Coman (ein Tor, drei Vorlagen) vor allem der immer mal wacklige Kantonist Leroy Sané heraus. »Man kann es recht kurz machen: Wenn Leroy hundert Prozent Bock hat, dann ist er einer der besten Spieler in Europa. Das ist einfach so«, betonte Nagelsmann vier Tage vor der Gruppenauslosung zur Champions League. Gemeinsam mit den Bayern im ersten Lostopf sind dann kontinentale Größen wie Manchester City oder der AC Mailand – die, wie auch Vorjahresfinalist Liverpool oder der neue Lewandowski-Klub Barcelona, in ihren Ligen allesamt bereits Federn gelassen haben.

Ähnlich dominant wie die Münchner startete von Europas Crème de la Crème allein Paris Saint-Germain in die neue Saison. Wohl auch deshalb ist die Stimmung beim deutschen Rekordmeister momentan auffallend gelöst. »In der Mannschaft gönnt jeder jedem alles aktuell – diese Energie war im letzten Jahr nicht immer so«, nannte Nagelsmann einen entscheidenden Fortschritt im Vergleich zu seinem Premierenjahr bei den Bayern.

Von den fünf Einwechselspielern in Bochum fiel keiner ab, entsprechend schwer werde ihm am kommenden Sonnabend die Benennung seiner Startformation fallen, ahnt der Trainer. Zu Gast in München sind dann die noch unbesiegten Gladbacher. Als Ansporn erwähnte Nagelsmann schon mal die schlechten Ergebnisse der Bayern gegen die Borussia aus dem Vorjahr – und kündigte an: »Wir werden wieder ein sehr gutes Spiel machen, da bin ich mir sehr sicher.« Und dann folgte noch die Ansage an alle nationalen und internationalen Widersacher: »Wir setzen uns erst mal keine Limits.«

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