Alarmrufe immer weniger gehört

Ulrike Henning über die geringe Unterstützung für Sozialproteste

Die Demonstrationen für einen solidarischen Herbst am Sonnabend brachten nicht eben Menschenmassen auf die Straßen. Das Bündnis aus Gewerkschaften, Umwelt- und anderen Nichtregierungsorganisationen kann damit kaum zufrieden sein. Zumal das Regierungshandeln in Sachen Krisenpolitik weiterhin unentschlossen wirkt und sich nur in kleinsten Schritten in Richtung einer Entlastung der am meisten Benachteiligten bewegt.

Trotz aller Alarmrufe von Sozialverbänden, dass das Geld nie im Leben für die Energiekosten im Winter reichen werde: Die meisten Betroffenen mit geringem Einkommen oder jene, die mit knappen staatlichen Transferleistungen klarkommen müssen, treibt das nicht auf die Straße. Das milde Spätherbstwetter wird dafür nur eine der geringsten Ursachen sein, denn die neuen, deutlich höheren Heizkostenabschläge sind seit Wochen absehbar. Höhere Gaspreise waren bereits genau vor einem Jahr angekündigt, als noch niemand etwas vom Krieg gegen die Ukraine ahnte. Eine reale Bedrohung durch Hunger und Kälte scheint für die meisten Menschen in diesem Land weit entfernt.

Alarmrufe aber kennt jeder hierzulande aus fast drei Jahren Pandemie. Bestimmte Abnutzungseffekte bei Äußerungen in dieser Stimmlage sind unübersehbar. Leider trifft das ebenso klimapolitische Forderungen und Warnungen. Aus verschiedenen Gründen gibt es weder für dieses Politikfeld noch für die sozialen Verwerfungen starke und einigende Akteure, die Proteste bündeln könnten. Das Potenzial der Grünen ist längst im Regierungshandeln verloren gegangen, Die Linke zerlegt sich lieber selbst statt das System. Wer etwas ändern will an diesen Zuständen, braucht unter anderem viel Optimismus.

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