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Waffenstillstand in der Ukraine jetzt!

Inmitten des Ukraine-Krieges wird die Bedrohung durch einen Atomkrieg immer realer. Ralph Urban fordert einen Waffenstillstand.

  • Ralph Urban
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Gefahr eines Atomkrieges ist real. Doch die offiziellen Äußerungen der internationalen Gemeinschaft dazu sind widersprüchlich.

Zunächst hatte der russische Präsident Wladimir Putin bei einem Gespräch mit Mitgliedern des von ihm gegründeten Menschenrechtsrats in Moskau Anfang Dezember 2022 betont, Atomwaffen dienten der Abschreckung und als Mittel der Vergeltung. Den Ersteinsatz wollte er dabei nicht ausschließen. Zur selben Zeit erklärte Bundeskanzler Olaf Scholz die Gefahr einer atomaren Eskalation für vorerst gesunken.

Ralph Urban

ist Vorstandmitglied der Organisation IPPNW (Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges)

Nur wenige Tage später, beim Gipfeltreffen der Eurasischen Wirtschaftsunion in Kirgistan, dachte Präsident Putin öffentlich über das Konzept eines atomaren Präventivschlags nach. Russland könne dieses Konzept von den USA übernehmen und seine Nukleardoktrin entsprechend ändern.

Bisher ist China das einzige atomar bewaffnete Land, das eine bedingungslose No-First-Use-Politik verfolgt. Das bedeutet, dass sich China verpflichtet, Atomwaffen unter keinen Umständen zuerst einzusetzen, sei es als Präventiv- oder Erstschlag oder als Reaktion auf einen nicht-nuklearen Angriff jeglicher Art. Die Militärdoktrinen der USA und Russlands schließen den Ersteinsatz nicht aus. Auch die drohende Niederlage in einer konventionellen Auseinandersetzung könnte zum Einsatz von Atomwaffen führen.

Und wenn ein stetiger Strom von Waffen aus den USA und Europa den russischen Präsidenten in die Defensive bringt, lässt sich der Einsatz von Atomwaffen nicht ausschließen. Genauso steht es im Friedensgutachten 2022 der vier führenden deutschen Friedens- und Konfliktforschungsinstitute: »Wichtig ist, sich bewusst zu sein, dass das Risiko steigt, wenn Russland in die Defensive gerät.« Auch bei einer »geringen Wahrscheinlichkeit« für einen russischen Atomwaffeneinsatz sollte der Westen angesichts der Gefahr einer Eskalation zurückhaltend agieren.

Leider scheint sich die Führung der Nato der Folgen ihres eigenen Tuns nicht sicher zu sein: »Wenn die Dinge schiefgehen, können sie furchtbar schiefgehen«, sagte Nato-Generalsekretär Stoltenberg. Der Krieg in der Ukraine sei schrecklich, und er könne sich zu einem großen Krieg zwischen der Nato und Russland ausweiten. Aus Sicht der russischen Regierung haben sich die Nato-Verbündeten durch die Versorgung der Ukraine mit Waffen, die Ausbildung ihrer Soldaten und die Bereitstellung militärischer Aufklärung für Angriffe auf russische Truppen faktisch bereits zu einer Konfliktpartei gemacht.

Mit jedem Tag wächst das Risiko, dass sich dieser Krieg auf andere Staaten ausweitet oder zum Atomkrieg eskaliert. Das zeigten sowohl der Raketeneinschlag in Polen wie auch die Drohnenangriffe auf russische Militärflughäfen weit im Landesinneren. Jeden Tag bringt der Krieg Leid, Tod und Verwüstung. Jeden Tag nimmt die Unversöhnlichkeit zu, die Fronten verhärten sich mehr und mehr. Der Krieg muss aus all diesen Gründen so schnell wie möglich beendet werden.

Bisher haben weder das Warten auf ein militärisches Patt noch Waffenlieferungen oder Sanktionen ein Zeitfenster für Waffenstillstandsgespräche eröffnen können. Die internationale Gemeinschaft ist gefordert. Insbesondere die Nationen, die mit den Konfliktparteien verbündet sind, haben jetzt die Pflicht, auf die kriegsführenden Parteien Einfluss zu nehmen, auf einen Waffenstillstand zu drängen und auf Kompromisse – auch wenn diese von beiden Seiten als schmerzhaft empfunden werden.

Die deutsche Regierung sollte sich dem Vorstoß des französischen Präsidenten Emmanuel Macron für Verhandlungen anschließen, die die berechtigten Sicherheitsinteressen aller Seiten, auch Russlands, berücksichtigen. Wir brauchen jetzt einen Waffenstillstand und Ideen für eine neue europäische Friedensordnung.

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