Ein Jahr Auszeit gegen Fachkräftemangel

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) kündigt Weiterbildungsgesetz an

  • Simon Poelchau
  • Lesedauer: 2 Min.

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil möchte mit einem Weiterbildungsgesetz dem von den Unternehmen beklagten Fachkräftemangel begegnen. »Wir werden die richtigen Weichen stellen
und alle Potenziale im Inland ausschöpfen«, sagte der SPD-Politiker am Montag der Deutschen Presse-Agentur. Im Rahmen des Gesetzes sollen junge Menschen eine Ausbildungsgarantie sowie Fahrtkostenunterstützung bei Ausbildung und Praktika vom Staat bekommen. Ferner sollen Beschäftigte während ihrer Berufslaufbahn in bezahlte Bildungszeit gehen können.

Trotz Energiepreiskrise war die Erwerbstätigkeit im vergangenen Jahr mit rund 45,6 Millionen Menschen mit Arbeitsort in Deutschland auf Rekordniveau. Gleichzeitig beklagte jüngst in einer Umfrage der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) mehr als jedes zweite Unternehmen Personalengpässe. Befürchtet wird von der Wirtschaft, dass diese ab 2025 weiter zunehmen, wenn die sogenannten Baby-Boomer, die letzten geburtenstarken Jahrgänge, in Rente gehen.

Heils Vorhaben soll in den kommenden Wochen vom Kabinett beschlossen werden, es war bereits im Koalitionsvertrag vereinbart. »Mit einer Bildungs(teil)zeit nach österreichischem Vorbild bieten wir Beschäftigten finanzielle Unterstützung für arbeitsmarktbezogene Weiterbildung. Dies ermöglicht zum Beispiel das Nachholen eines Berufsabschlusses oder eine berufliche Neuorientierung«, hielten SPD, Grüne und FDP darin fest.

So sollen Beschäftigte die Möglichkeit erhalten, sich ein Jahr lang bezahlt beruflich weiterbilden zu können, wenn sie und der Arbeitgeber sich zuvor darauf verständigt haben. »Das lässt sich auch als Bildungsteilzeit in zwei Jahren organisieren«, sagte Heil. »Über Mittel der Bundesagentur für Arbeit wird dabei der Unterhalt sichergestellt, und zwar auf Höhe des Arbeitslosengeldes, also 60 Prozent für Alleinstehende, 67 Prozent mit Kind.« Finanzieren will Heil dies offenbar hauptsächlich über Beiträge zur gesetzlichen Arbeitslosenversicherung. Denn das finanzielle Volumen bei der Bundesagentur für Arbeit taxiert Heil bis zum Jahr 2026 aufwachsend auf jährlich rund 771 Millionen Euro. Lediglich 190 Millionen Euro sollen aus dem Bundeshaushalt dazukommen.

»Grundsätzlich ist es richtig, Unternehmen und ihre Beschäftigten im Strukturwandel mit deutlich mehr Weiterbildung zu unterstützen. Aber ich habe erhebliche Zweifel, ob gering Qualifizierte, Teilzeitbeschäftigte und Leute in prekären Jobs mit diesem Gesetz endlich in den Fokus kommen«, kommentierte die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Linken im Bundestag, Jessica Tatti, Heils Vorhaben. So sei das Bildungsteilzeitgeld für diese Menschen zu niedrig. »Das bedeutet, dass auch weiterhin vor allem bereits hoch Qualifizierte und üppig Bezahlte in den Genuss von Förderungen kommen«, sagte Tatti zu »nd«.

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