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Spätes Bekenntnis

Martin Ling über die Gedenkstätte für die Opfer der Colonia Dignidad

Sie mussten zum Bekenntnis gedrängt werden: Chiles Präsident Gabriel Boric und der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz. Pro-aktive Menschenrechtspolitik ist beider Sache nicht. In einer Pressekonferenz beantworteten sie die Frage nach einer Gedenkstätte für die Opfer der früheren Sektensiedlung Colonia Dignidad beide positiv und sagten Unterstützung zu. Eine Gedenkstätte, die im Bundestag schon 2017 gefordert wurde, nachdem sich die Abgeordneten geeinigt und die Bundesregierung einstimmig zur Aufklärung der Verbrechen der Colonia Dignidad aufgefordert hatten. Fast sechs Jahre später ist die Forderung nach einer Gedenkstätte von den Regierungsspitzen beider Länder angenommen worden. Das ist ein Erfolg, der ohne den Druck der Zivilgesellschaft und kritischer Medien undenkbar wäre. 

Olaf Scholz hat sich zur Gedenkstätte bekannt. Das ist gut. Dass er sich ansonsten an die Linie des Auswärtigen Amtes hält, Chile bei der Aufarbeitung zu unterstützen, aber die eigene deutsche Verantwortung für die Verbrechen in der deutsch-chilenischen Sektensiedlung kleinzureden, ist schlecht. Dazu gesellt sich die deutsche Justiz. Deutsche Staatsanwaltschaften führten offiziell jahrzehntelang strafrechtliche Ermittlungsverfahren und stellten sie alle ohne Anklageerhebung wieder ein: »Kein hinreichender Tatverdacht.« 

Die Colonia Dignidad ist ein dunkles Kapitel deutsch-chilenischer Geschichte. Dass die Umsetzung der Gedenkstätte schneller klappt als beim Berliner Flughafen BER, ist angesichts der Vorgeschichte jedoch nicht sicher. Und dieses Mal steht der Bund, nicht Berlin in der Verantwortung. Auf Chile abschieben gilt nicht. Deutschland darf bei der Aufarbeitung nicht in der zweiten Reihe stehen bleiben.

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