Weniger Geld für mehr Arbeit

Medientechniker und Betriebshandwerker an der FU fordern Lohngerechtigkeit

Ohne sie würde an der Universität wenig laufen: Medientechniker und Betriebshandwerker kümmern sich um Mikros und Projektoren in Hörsälen, betreuen Videoaufnahmen oder kümmern sich um die Heizungen und Belüftungssysteme der riesigen Gebäude. An der Freien Universität (FU) Berlin sieht sich eine Gruppe von Medientechnikern und Betriebshandwerkern für diese Arbeit nicht genügend gewürdigt. 32 Mitarbeiter der Technischen Abteilung wenden sich mit Unterstützung der Verdi-Betriebsgruppe und des Personalrats mit einem offenen Brief an das Präsidium der FU. Sie prangern die Eingruppierungspraxis der Universität an, die über Jahre die Medientechniker und Handwerker immer niedriger eingestuft habe.

Laut Unterzeichnern des offenen Briefs begann die schleichende Abwertung 2018. Seitdem würden neu eingestellte Handwerker nicht mehr in die Entgeltgruppe 7, sondern in Gruppe 6 oder 5 eingeordnet. Je nach Berufserfahrung kann das einen Unterschied von rund 450 Euro ausmachen. Infolge der Eingruppierungspraxis seien heute nur noch wenig mehr als die Hälfte der Betriebshandwerker in der höheren Gehaltsgruppe.

Eine ähnliche Entwicklung habe sich bei den Medientechnikern vollzogen: Statt in der Entgeltgruppe 8, die jahrelang üblich gewesen sei, würden nun Stellen mit der Entgeltgruppe 6 ausgeschrieben – ein Unterschied von bis zu 300 Euro. Dabei sei die Arbeit nicht weniger anspruchsvoll geworden. Im Gegenteil: die Komplexität der Anlagen, um die sich die Techniker kümmern, habe im Zuge der Digitalisierung zugenommen, ebenso deren Anzahl. Besonders in der Pandemie lag eine große Last auf den Beschäftigten: »Als Medientechniker*innen waren wir besonders in diesen Zeiten damit konfrontiert, den Lehrbetrieb durch neue Formate (hybride Lehre, Livestreams und Videokonferenzen) aufrecht zu erhalten«, heißt es in dem Brief. Die FU schieße sich ins eigene Knie, schlussfolgern die Verfasser. Wegen der schlechten Löhne blieben qualifizierte Bewerbungen auf offene Stellen aus. Konkurrenzfähig mit privaten Unternehmen sei die FU so nicht mehr. Für die verbliebenen Beschäftigten steige durch die Personalnot die Arbeitsbelastung. Notfalls müssten externe Firmen mit Arbeiten betreut werden, doch angesichts des Fachkräftemangels gebe es hier nicht selten lange Wartezeiten. »Hier wird vorsätzlich die Betriebssicherheit vernachlässigt und ein erheblicher Imageschaden der FU riskiert«, heißt es.

Die Unterzeichner des offenen Briefs fordern, Betriebshandwerker mindestens in die Entgeltgruppe 7 und Medientechniker in die Gruppe 9a einzusortieren. Das würde Mehrkosten von etwa 30 000 Euro zur Folge haben. »Was 30 000 Euro im Haushalt sind, bedeutet für jeden einzelnen von uns eine hohe Belastung, um unsere Familien zu ernähren und Rechnungen bezahlen zu können«, heißt es. Inflation, Miet- und Energiekosten stellten für alle Beschäftigten eine große Herausforderung dar. »Wir sehen, dass in höheren Etagen nicht jeder Cent umgedreht wird«, schreiben die Verfasser. Bei den Forderungen gehe es nur darum, Lohngerechtigkeit herzustellen und die Voraussetzungen für einen funktionierenden Arbeitsbereich zu schaffen.

Bisher habe das Präsidium noch nicht auf den Brief geantwortet, sagt Claudius Naumann, Sprecher der Verdi-Betriebsgruppe. Die Dienstleistungsgewerkschaft unterstütze Beschäftigte, die vor Gericht für eine höhere Eingruppierung streiten. »Wir werden auch die anstehenden Hochschulvertragsverhandlungen kritisch begleiten«, so Naumann. Mit den Hochschulverträgen wird die Finanzierung der Universitäten geregelt. Die Lage werde dadurch verschärft, dass Beschäftigten keine Stellenbeschreibungen ausgehändigt werden. So sei es für sie nicht ersichtlich, ob sich die unterschiedlichen Eingruppierungen aus verschiedenen Tätigkeitsprofilen ergäben. Auch Gerichtsverfahren werden so behindert, erläutert Naumann. Zugleich könnten niedrig eingruppierte Beschäftigte sich nicht auf ihre Stellenbeschreibung berufen und Tätigkeiten ablehnen, für die sie nicht eingestellt worden. »Die Folge: Alle machen alles, weil sie nicht wissen, wo ihr Tätigkeitsfeld endet.«

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