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Friedensschwurbler?

Wenn medial-militaristische Berieselung in Kinderstuben dringt

Tag der Spielzeugsoldaten: Friedensschwurbler?

Neulich beim Kinderturnen an einer Berliner Sportstätte: Alles Kita-Kids, und dementsprechend gestalteten die drei jungen Trainerinnen die Stunde spielerisch. Dazu gehörte die Frage an die Youngsters: »Wohin würdest du gern reisen?« Mein Enkel, fünf Jahre, antwortete: »Nach Frankreich.« Warum? »Um Karussell zu fahren.« Schön. »Und du?« Der nächste Junge, gleichen Alters: »Nach Russland.« Warum? »Panzer fahren.« Woraufhin die drei jungen Frauen prompt und korrekt reagierten: »Das ist aber nicht schön!« Die Mutter des Knaben, auf der Bank am Rande des Geschehens, grinste nur.

Wundern muss man sich darüber nicht. Die medial-militaristische Berieselung rinnt auch in Kinderstuben, schont die Kleinen nicht. Schlimm genug, dass weltweit Kinder leibhaftig Kriege erleben und erleiden, verletzt, verstümmelt, vergewaltigt werden, ihr Leben aushauchen, bevor sie das Leben genießen durften. Unbegreiflich, dass aber auch in materiell von Kriegen verschonten Hemisphären Kinder mit Gewalt und Waffenverherrlichung respektive -verniedlichung konfrontiert werden. Was kann man von ihnen erwarten, wenn Erwachsene sich um Rüstungslieferungen streiten? Und in Talkshows von »unseren Leos« geschwärmt wird, als würde es sich um Pussy Cats handeln und nicht um todbringende Stahlkolosse. Die Arsenale der Bundeswehr und Nato als Streichelzoos? Und wenn in Spielzeugläden oder Online-Shops Modelle und Bausets für Panzer, Kampfjets und Flugzeugträger angeboten werden, sogar Tret- und Elektroautos für Kleinkinder in Panzergestalt zu haben sind? Ganz zu schweigen von den vielen Kriege imitierenden und verherrlichenden Computerspielen. Und wer ist eigentlich auf die irre Idee vom »Tag der Spielzeugsoldaten« gekommen, seit 2006 alljährlich am 4. März (von wem?) begangen. Kinder sind wacher, als man denkt. Hellhörig. Darum verbieten sich auch unsägliche Worte wie »Friedensschwurbler«. Ansonsten bleiben Kriege allgegenwärtig, und Frieden bleibt ein Traum. ves

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