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Südseeblüten

DDR-Kriminalist Ralf Romahn erzählt

  • Silvia Becker
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Story ist filmreif. In einem Berliner Hinterhof am Weinbergsweg ertönt ein rhythmisches Stampfen. Es kommt aus Wittkes Kellergewölbe, in dem an einem trüben Abend im Berlin des Jahres 1986 die Lampen brennen. ABV Schliefke sieht das. Für die Jüngeren unter den Lesern: ABV war die Abkürzung für den Abschnittsbevollmächtigten in der DDR, heute nennt man Polizisten mit der Verantwortung für eine bestimmte Wohngegend Kontaktbereichsbeamte. Schliefke hat vom Kriminalisten Ralf Romahn den Auftrag bekommen, in der Nr. 26 mal ein bisschen die Augen offenzuhalten, denn aus dem Haus wird ein ungewöhnlich hoher Stromverbrauch gemeldet. Romahn hielt die ganze Sache für Pillepalle, wie man in Berlin sagt. War Stromklau eine Aufgabe, die von der obersten Polizeibehörde der Hauptstadt bearbeitet werden musste? Sicher nicht. Der ABV kannte sich vor Ort am besten aus, der kriegt schon raus, was da los ist.

Das ist dem Schliefke dann auch ganz wunderbar gelungen, nachdem er mehrfach mit der Fensterguckerin Hilde Hilse ein Käffchen getrunken und den verdächtigen Hinterhof beobachtet hatte. Was sich dann herausstellt, ist wirklich unglaublich. Nur bei dieser einen Geschichte soll es hier vorweggenommen werden: In Wittkes Keller am Weinbergsweg waren Geldfälscher am Werk, die auf professionellen Maschinen Banknoten aller Herren Länder nachmachten, um dieses Rare, was sie da produzierten, anschließend auf DDR-Banken in Bares umzutauschen. Das verschlägt einem wirklich die Sprache. Allein, wie die Fälscher sich in der ganzen Republik Teile für ihre Maschinen zusammenkauften, wie es ihnen erstaunlich problemlos gelang, südpazifische Währungen in DDR-Mark umzutauschen und am Ende noch in Dollars zu verwandeln, ist alles andere als Pillepalle.

Ralf Romahn wurde 1953 in Zwickau geboren und begann seine Laufbahn, wie sein Verlag mitteilt, als Streifenpolizist. Später ist er Dezernatsleiter in Berlin, Hauptstadt der DDR, nach 1990 Kriminaloberrat und heute Pensionär. Man muss ihn sich offenbar in der meisten Zeit seines Ruhestandes vor dem Computer sitzend und seine Erlebnisse aufschreibend vorstellen. Im Verlag Das Neue Berlin bei der Eulenspiegel Verlagsgruppe erschienen bereits drei Bücher von ihm. 2015 »Der Tigerbiss auf dem Weihnachtsmarkt«, 2017 »Kremserfahrt in den Tod« sowie 2019 »Kindstod«. Alle beinhalten authentische Kriminalfälle, in denen er ermittelt hat.

Über die Blütengeschichte hinaus behandelt Romahns neues Buch einen Einbruch, bei dem eine Holzskulptur verschwand, die jahrzehntelang auf dem Tresen einer Bierkneipe verstaubte, ohne dass jemand deren Wert ahnte und die kurioserweise auch wieder dahin zurückkehrte. Ein zweiter Fall beschäftigt sich mit der Suche nach einem Sexualstraftäter rund um den Monbijoupark in Berlin-Mitte. Schließlich erzählt der Autor noch, wie in Berlin mit Autokorsos ausreisewilliger DDR-Bürger umgegangen wurde sowie die wahrhaftig grauenhafte Geschichte der Ermordung einer polnischen Prostituierten im Frühjahr 1990. Romahns Fallberichte rufen Verhältnisse, Denkweisen und Arbeitsmethoden in der DDR in Erinnerung, gute wie fragwürdige – das macht es für Geschichtsinteressierte aus Ost und West spannend. Dabei treten durchaus neue Erkenntnisse zutage, beispielsweise, dass 1968 in der DDR der Straftatbestand »Sexueller Missbrauch von Kindern« eingeführt wurde, in der Bundesrepublik erst fünf Jahre später.

Es hätte allerdings allen fünf außergewöhnlichen Geschichten gutgetan, wenn das Lektorat ein wenig mehr eingegriffen hätte.

Ralf Romahn: Mord im Milieu. Spektakuläre Kriminalfälle. Das Neue Berlin, 224 S., br., 16 €.

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